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krone auf die weibliche Linie über, und Schleswig-Holstein fiel, den
früheren Bestimmungen gemäß, an den nächsten Seitenverwandten
der männlichen Linie. Jetzt wurden von dänischer Seite alle Mittel
in Bewegung gesetzt, um die von Christian VIII. erlassene Bekannt—
machung aufrecht zu erhalten. Schleswig-Holstein griff zu den Waffen;
indes ein Kampf mit Dänemark war für die Bewohner der Herzog—
thümer ein ungleicher. In ihrer Bedrängniß wendeten diese ihre
Blicke nach Frankfurt am Main und erbaten vom Bundestage Unter—
stützung. Da eilten im Jahre 1849 Preußen, Bayern, 6000 Sachsen
und andere Bundestruppen ihren deutschen Brüdern zu Hilfe.
Beklagenswerth bleibt es, daß dieser Krieg von Seiten der Deutschen
nicht so recht ernstlich geführt ward. Die einzige große Waffenthat
zu Lande war die Erstürmung der Düppeler Schanzen den 13. April
1849 durch die Bayern und Sachsen, wobei 30 unserer Landsleute
ein Opfer des Todes wurden. Wider alles Erwarten nahm dieser
Kampf durch den Einfluß auswärtiger Mächte für Dänemark einen
sehr günstigen Ausgang. Die Bundestruppen legten die Waffen
nieder, und 1852 wurde sogar in London festgesetzt: „Schleswig-
Holstein bleibt als ungetheiltes Herzogthum auch dann mit
Dänemark vereinigt, wenn Friedrich VII. ohne männliche Erben
sterben sollte."“
Dieser Fall trat 1863 ein, und Christian IX., ein Seiten-
verwandter aus der weiblichen Linie, bestieg den dänische Königsthron.
Jetzt schürte die alte dänische Partei das etwas gedämpfte Feuer von
neuem an und drang ungestüm in den neuen König, daß er jenen
Vertrag nicht anerkennen, sondern Schleswig von Holstein losreißen
und zu Dänemark schlagen solle. Da bei längerem Widerstand sogar
sein Thron zu wanken begann, so gab er jenem Drängen, obwohl
mit Widerstreben, endlich nach.
Jetzt schlug sich der deutsche Bund abermals, und diesmal ernst-
licher, ins Mittel und erklärte den Londoner Vertrag für null und
nichtig, weil ihn Dänemark gebrochen habe. Die Sachsen und
Hannoveraner rückten in Holstein ein und drangen bis Rendsburg
vor, während die Dänen, ohne Widerstand zu leisten, zurückwichen.
Im Namen des Bundes wurde Holstein von den beiden Staaten
ein Jahr lang verwaltet. In gleicher Weise auch Schleswig mit
Bundestruppen zu besetzen, und, wenn nöthig, zu erobern, ließen
Oesterreich und Preußen nicht zu. Sie trennten diese Angelegenheit
vom Bunde, drangen mit ihren Armeen in Schleswig ein und be-
setzten auch Holstein, das die Bundestruppen zu räumen gezwungen
wurden.?!) Solch einer Macht war Dänemark nicht gewachsen.
Nach mehreren Niederlagen mußte es um Frieden bitten, welcher auch
*) Oesterreich hat diese Bundesuntreue schwer büßen müssen.