Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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im November 1422. Da er keine Erben hinterließ, so fiel das Land 
nach damaligen Rechten dem Kaiser zu, und dieser konnte es nach 
Gefallen einem anderen Fürsten überweisen. 
Wer sollte der neue Herr dieses Landes sein? Es meldeten sich 
eine große Anzahl Fürsten. Der Kaiser war aber der Wahl wegen 
gar nicht lange in Zweifel. Er belehnte mit demselben seinen Freund, 
den Markgrafen Friedrich den Streitbaren. Dies geschah den 6. Fe- 
bruar 1423, und nun war auf einmal der Markgraf von Meißen 
und der Landgraf von Thüringen auch Herzog von Sachsen und als 
solcher zugleich auch Kurfürst. Da mit dem Herzogthum Sachsen 
der höhere Titel Kurfürstenthum verbunden war, so wurde Sachsen 
das Hauptland und der Name Sachsen ging auch auf das Meißner- 
land und auf Thüringen über. So geschah es denn, daß die Be- 
wohner des Meißnerlandes und Thüringens, obgleich keine Nach- 
kommen der alten Sachsen, dennoch den Namen Sachsen erhielten. 
Die alten Sachsen im Norden Deutschlands sind demnach nicht, wie 
sie fälschlich in manchen Büchern genannt werden, unsere Voreltern, 
obgleich wir uns nicht zu schämen hätten, von diesem berühmten, 
tapferen Volke abzustammen; wir haben von ihnen nichts weiter, als 
den Namen geerbt. 
b) Die Hussiten. - 
Um das Jahr 1400 wirkte in Prag. als Professor an der 
Universität und als Prediger in derselben Stadt Johann Huß. 
Dieser Mann forschte fleißig in der heiligen Schrift und gelangte 
nach und nach zu der Einsicht, daß viele Lehren der katholischen 
Kirche durchaus nicht mit der Bibel übereinstimmten. Huß war ein 
unerschrockener Mann und er hielt an dem Ausspruche des Apostel 
Petrus fest: „Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen.“ 
In seinen Predigten bewies er seinen Zuhörern, daß kein Mensch, 
auch der Papst nicht, sondern nur Gottes Wort allein vorschreiben 
könne, was wir zu glauben hätten; daß er ferner in der heiligen 
Schrift kein Wort von der Anrufung der Heiligen, von der Ver- 
ehrung der Reliquien fände, daß sich der Mensch die Seligkeit nicht 
durch Fasten und durch Geschenke an Klöster ver dienen könne, daß 
Christus seinen Jüngern bei Einsetzung des heiligen Abendmahles 
Brot und Wein gereicht habe und daß nach der Einsetzung dieses 
Sakramentes alle Christen den Kelch empfangen müßten. 
Natürlich erregten diese und ähnliche Lehren großes Aufsehen. 
Die Böhmen lauschten auf jedes Wort aus Hussens Munde, und da 
er seine Behauptungen aus der Schrift als richtig nachweisen konnte, 
so ergriffen seine Predigten und Vorlesungen die Herzen seiner 
Zuhörer. Mit jedem Tage wuchs die Zahl seiner Anhänger, und 
nicht etwa blos in Prag, sondern im ganzen Böhmerlande. Dies 
Geschichte Sachsens. 4
	        
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