108 Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat.
besugt, sofort jede Versammlung aufzulösen, bezüglich deren
die Bes heinigung der erfolgten Anzeige (88 1 und 3) nicht
vorgelegt werden kann. Ein Gleiches gilt, wenn in der Ver-
sammlung Ant äge oder Vorschläge erörtert werden, die eine
Aufforderung oder Anreizung zu strafbaren Handlungen ent-
halten; oder wenn in der Versammlung Bewaffnete erscheinen,
die der Aufforderung des Abgeordneten der Obrigkeit entgegen,
nicht entfernt werden.
Vgl. §§ 7, 8 A. 3. — Vgl. St. G. BV. ös§s 110, 111.
86.
Sobald ein Abgeordneter der Polizeibehörde die Versamm-
lung für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflich-
tet, sich sofort zu entfernen. Diese Erklärung kann nötigen-
falls durch die bewaffnete Macht zur Ausführung gebracht
werden.
Strafbestimmung: § 16.
87.
Niemand darf in einer Versammlung bewaffnet erscheinen,
mit Ausnahme der im Dienste befindlichen Polizeibeamten.
Vgl. § 5. — Strafbestimmung: §§P 18, 19.
88.
Für Vereine, welche bezwecken, politische Gegenstände in
Versammlungen zu erörtern, gelten außer vorstehenden Be—
stimmungen nachstehende Beschränkungen:
a) sie dürfen keine Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge
als Mitglieder aufnehmen;
b) sie dürfen nicht mit anderen Vereinen gleicher Art zu
gemeinsamen Zwecken in Verbindung treten, insbesondere
nicht duch Komitees, Ausschüsse, Zentralorgane oder
anliche Einrichtungen oder durch gegenseitigen Schrift-
wechsel.
Werden diese Beschränkungen überschritten, so ist die Orts-
polizeibehörde berechtigt, vorschaleich des gegen die Beteiligten
einzuleitenden Strafverfahrens, den Verein bis zur ergehenden
richterlichen Entscheidung (8 16) zu schließen.
Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen den Ver-
sammlungen und Sitzungen solcher politishen ereine nicht
beiwohnen. Werden dieselben auf die Aufforderung des an-