116 Die Verfassungsurkunde für den preußtschen Staat.
urteile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandierenden
Generals der Provinz.
Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit ver-
bleibt es bei den Vorschriften des Militärstrafgesetzbuches.
88.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder
Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung, der vorsätzlichen Ver-
ursachung einer Überschwemmung, oder des Angriffs oder des
Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete
der Zivil= oder Militärbehörde in offener Gewalt und mit
Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen sich schuldig
macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann, statt der
Todesstrafe, auf zehn= bis zwanzigjährige Zuchthausstrafe er-
kannt werden.
Vgl. E. G. zum St. G. B. § 4 und St. G. B. 88 81, 88, 90, 307,
311, 312, 315, 322, 323 und 324.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder
Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder
angeblichen Siege der Feinde oder Aufrührer wissent-
lich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche ge-
eignet sind, die Zivil= oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder wäh-
rend desselben vom Militärbefehlshaber im Interesse
der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt,
oder zu solcher Ubertretung auffordert oder anreizt, oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen Wider-
setzlichkeit, der Befreiung eines Gefangenen, oder zu
anderen § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg, auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die
Subordination oder Vergehungen gegen die militärische
Zucht und Ordnung zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft werden.
Vgl. besonders St. G. B. 88 89, 110 ff.