Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat. 27
erst der zweiten Kammer vorgelegt; letztere werden von der
ersten Kammer im ganzen angenommen oder abgelehnt.
Absatz 1. Die erste Kammer heißt nach dem Gesetze vom 30. Mai
1855 das Herrenhaus, die zweite das Haus der Ab-
geordneten, beide zusammen „die beiden Häuser des Land-
tages“.
Artikel 63.
Nur in dem Falle, wenn die Aufrechthaltumg der öffent-
lichen Sicherheit, oder die Beseitigung eines ungewöhnlichen
Notstandes es dringend erfordert, konnen, insofern die Kammern
nicht versammelt sind, unter Verantwortlichkeit des gesamten
Staatsministeriums, Verordnungen, die der Verfassung nicht
uwiderlaufen, mit Gesetzeskraft erlassen werden. Dieselben
find aber den Kammern bei ihrem nächsten Zusammentritt
zur Genehmigung sofort vorzulegen.
Verantwortlichkeit: Art. 44. — Notverordnungen sind
verboten in den Art. 65—68 A. 1, 94, 95, 107.
Artikel 64.
Dem Könige, sowie jeder Kammer steht das Recht zu,
Gesch vorzuschlagen.
esetzesvorschläge, welche durch eine der Kammern oder den
König verworfen worden sind, können in derselben Sitzungs-
periode nicht wieder vorgebracht werden.
Absatz 1. Vgl. N. V. Art. 23.
Artikel 65—68.
Diie erste Kammer wird durch Königliche Anordnung ge-
bildet, welche nur durch ein mit Zustimmung der Kammern
zu erlassendes Gesetz abgeändert werden kann.
Die erste Kammer wird zusammengesetzt aus Mitgliedern,
welche der König mit erblicher Berechtigung oder auf Lebens-
zeit beruft.
Art. 65—68 haben ihren jetzigen Wortlaut erhalten durch das
Gesetz, betr. die Bildung der ersten Kammer, vom 7. Mai 1853
Art. 1; der Art. 2 dieses Gesetzes hob die Art. 65—68 der Ver-
fassung auf; dieselben lauteten:
Artikel 65.
Die erste Kammer besteht:
a) aus den großjährigen Königlichen Prinzen;
b) aus den Häuptern der ehemals unmittelbaren reichsständischen