6 Die Verfassungsurkunde sür den preußischen Staat.
Die dem Patente beigegebene Verordnung über die Bildung des
vereinigten Landtages vom 3. Februar 1847 verordnete, daß die acht
Provinziallandtage zu einem Landtage vereinigt werden sollten, so oft
dazu nach dem Patente Veranlassung gegeben sei oder der König es
fitr angemessen erachte. Der vereinigte Landtag war in zwei Kurien
geteilt, die Herrenkurie (Fürsten, Grafen und Herren) und die
Kurie der drei Stände (Ritterschaft, Städte, Landgemeinden).
Jede Kurie sollte in getrennter Versammlung beraten und eine ge-
meinschaftliche Beratung nur bei Vorlagen über Staatsanleihen und
Steuerveränderungen stattfinden.
Durch weitere Verordnung wurden die Einrichtung des vereinigten
ständischen Ausschusses und der ständischen Depntation für das Staats-
schuldenwesen geregelt; der Ausschuß sollte spätestens alle vier Jahre,
die Deputation jährlich zusammentreten.
Man sieht, es waren von der Verordnung Friedrich Wilhelms III.
vom 22. Mai 1815 bis zur Einführung von Provinzialständen acht
Jahre, vom Provinztalständegesetz bis zum Patente vom 3. Februar
1847 gar vierundzwanzig Jahre ins Land gegangen.
Wie wenig das Patent vom 3. Februar 1847 befriedigte, geht
daraus hervor, daß der am 11. April 1847 in Berlin zusammengetretene
und vom Könige selbst mit einer längeren Rede eröffnete vereinigte
Landtag in einer bald nach der Eröffnung an den König gerichteten
Adresse um Vermehrung seiner Rechte und namentlich um Verleihung
der Periodizität vorstellig wurde. Der König verhielt sich auf diese
Anforderungen ablehnend. Der Landtag antwortete mit der Ableh-
nung einer zur Erbauung der Eisenbahnlinien Berlin-Königsberg er-
betenen Anleihe von zweiunddreißig Millionen Talern und der König
verabschiedete darauf den Landtag (26. Juni 1847).
Gedrängt durch die immer stärker anwachsende Opposition und
unter dem Eindrucke der inzwischen eingetroffenen Nachrichten von der
französischen Februarrevolution, versprach ein Königliches Patent vom
6. März 1848 den zur Begutachtung eines Strafgesetzentwurfes ver-
sammelten ständischen Ausschüssen, daß die in dem Patent vom 3. Februar
1847 den vereinigten Ausschüssen gewährte Periodizität auf den ver-
einigten Landtag Üübertragen werden solle.
Die Februar= und März-Ereignisse in Paris und Wien entfachten
den auch in der preußischen Monarchie angesammelten Zündstoff zu
hellen Flammen. Die Königliche Proklamation vom 18. März 1848,
in welcher eine Reorganisation der Bundesverfassung für notwendig
erachtet und anerkannt wurde, daß eine solche Umgestaltung „eine
konstitutionelle Verfassung aller deutschen Länder notwendig erheische“,
konnte den Ausbruch der Revolution nicht mehr hindern. Am Nach-