Full text: Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

6 Die Verfassungsurkunde sür den preußischen Staat. 
Die dem Patente beigegebene Verordnung über die Bildung des 
vereinigten Landtages vom 3. Februar 1847 verordnete, daß die acht 
Provinziallandtage zu einem Landtage vereinigt werden sollten, so oft 
dazu nach dem Patente Veranlassung gegeben sei oder der König es 
fitr angemessen erachte. Der vereinigte Landtag war in zwei Kurien 
geteilt, die Herrenkurie (Fürsten, Grafen und Herren) und die 
Kurie der drei Stände (Ritterschaft, Städte, Landgemeinden). 
Jede Kurie sollte in getrennter Versammlung beraten und eine ge- 
meinschaftliche Beratung nur bei Vorlagen über Staatsanleihen und 
Steuerveränderungen stattfinden. 
Durch weitere Verordnung wurden die Einrichtung des vereinigten 
ständischen Ausschusses und der ständischen Depntation für das Staats- 
schuldenwesen geregelt; der Ausschuß sollte spätestens alle vier Jahre, 
die Deputation jährlich zusammentreten. 
Man sieht, es waren von der Verordnung Friedrich Wilhelms III. 
vom 22. Mai 1815 bis zur Einführung von Provinzialständen acht 
Jahre, vom Provinztalständegesetz bis zum Patente vom 3. Februar 
1847 gar vierundzwanzig Jahre ins Land gegangen. 
Wie wenig das Patent vom 3. Februar 1847 befriedigte, geht 
daraus hervor, daß der am 11. April 1847 in Berlin zusammengetretene 
und vom Könige selbst mit einer längeren Rede eröffnete vereinigte 
Landtag in einer bald nach der Eröffnung an den König gerichteten 
Adresse um Vermehrung seiner Rechte und namentlich um Verleihung 
der Periodizität vorstellig wurde. Der König verhielt sich auf diese 
Anforderungen ablehnend. Der Landtag antwortete mit der Ableh- 
nung einer zur Erbauung der Eisenbahnlinien Berlin-Königsberg er- 
betenen Anleihe von zweiunddreißig Millionen Talern und der König 
verabschiedete darauf den Landtag (26. Juni 1847). 
Gedrängt durch die immer stärker anwachsende Opposition und 
unter dem Eindrucke der inzwischen eingetroffenen Nachrichten von der 
französischen Februarrevolution, versprach ein Königliches Patent vom 
6. März 1848 den zur Begutachtung eines Strafgesetzentwurfes ver- 
sammelten ständischen Ausschüssen, daß die in dem Patent vom 3. Februar 
1847 den vereinigten Ausschüssen gewährte Periodizität auf den ver- 
einigten Landtag Üübertragen werden solle. 
Die Februar= und März-Ereignisse in Paris und Wien entfachten 
den auch in der preußischen Monarchie angesammelten Zündstoff zu 
hellen Flammen. Die Königliche Proklamation vom 18. März 1848, 
in welcher eine Reorganisation der Bundesverfassung für notwendig 
erachtet und anerkannt wurde, daß eine solche Umgestaltung „eine 
konstitutionelle Verfassung aller deutschen Länder notwendig erheische“, 
konnte den Ausbruch der Revolution nicht mehr hindern. Am Nach-
	        
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