8 Die Verfassungsurkunde für den preußischen Staat.
kommenheit der Monarchie eine Verfassung mit zwei Kammern verlieh,
Neuwahlen anordnete und die Eröffnung der neuen Kammern auf den
26. Februar 1849 festsetzte. Diese Verfassung ist als Verfassungs=
urkunde vom 5. Dezember 1848 in der Gesetzsammlung publiziert
und wird die oktroyiterte genannt, weil sie ohne Mitwirkung der
Nationalversammlung zustande gekommen ist. Sie fußt auf den wich-
tigsten Beschlüssen und Entwürfen der Nationalversammlung und den
Vorschlägen des Frankfurter Parlaments und sollte durch die nächsten
Kammern einer Revision unterzogen werden.
In Ausführung der Verfassungsbestimmungen wurden am 6. De-
zember 1849 die Wahlgesetze für die beiden Kammern veröffentlicht.
Hinsichtlich der Wahlen zur zweiten Kammer waren die Bestimmungen
des Wahlgesetzes vom 8. April 1848 im wesentlichen aufrecht erhalten,
für die erste Kammer knüpfte sich die Berechtigung eines Urwählers
an ein Alter von dreißig Jahren und an einen gewissen Grundbesitz
oder ein bestimmtes Einkommen oder einen festen Betrag der direkten
Steuern. Zur ersten Kammer waren wählbar Personen, welche das
vierzigste Lebensjahr üÜberschritten hatten.
Die oktroyierte Verfassung war der Gegenstand vielfacher Anfein-
dungen und nicht geeignet, die Opposition zum Schweigen zu bringen.
Die Beratungen des am 26. Februar 1849 zusammengetretenen Land-
tags hatten keinen Erfolg: die zweite Kammer wurde am 27. April
1849 vom König aufgelöst, die erste aber vertagt. Ohne Mitwirkung
der Kammern erschien am 30. Mat 1849 ein neues Wahlgesetz, die
heute noch gültige, unter Nr. 3 des Anhangs abgedruckte Verordnung
über die Ausführung der Wahl zur zweiten Kammer.
Eine Verordnung vom gleichen Tage rief die Kammern zur Re-
vision der Verfassung vom 5. Dezember 1848 auf den 7. August 1849
nach Berlin zusammen. Die erste Kammer begann ihre Beratungen
über die Verfassung am 8., die zweite Kammer am 19. September 1849.
Unter dem 31. Januar 1850 erklärte eine Königliche Botschaft die
Verfassungsrevision für beendet und ordnete die Publikation der Ver-
fassung an, welche als Verfassungsurkunde für den preußi-
schen Staat vom 31. Januar 1850 in der Gesetzsammlung er-
schien. — Die Allerhöchste Botschaft vom 31. Januar 1850 lautet
wörtlich:
„Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von
Preußen 2c. 2c. haben aus den Uns vorgelegten letzten Beschlüssen
der Kammern mit Befriedigung ersehen, daß dieselben der großen
Mehrzahl Unserer auf die Verfassungsrevision bezüglichen Propo-
sitionen vom 7. d. M. beigetreten sind. In Ansehung der die Auf-
hebung der Familienfideikommisse betreffenden Vorlage ist zu Unserem