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Meine Herren, in den Neueften Nachrichten war vor
einigen Tagen ein Artikel zu Iefen, daß die Ungebilbeten
diefer Seite auf Seite des Herrn Neferenten Vörg
jtehen. Ich bin nun einer diefer Ungebildeten, und
wil Ihnen bier eine furze Aufllärung geben. Das
Zandvolf ift heute noch ftolz auf bie Ehrlichteit der alten
Deutjchen; ein Wort, ein Handjchlag bebeutete mehr als
in jeßiger Seit oft ein Eid, und wer dem Lanbvolf fein
Wort gegeben und es nicht hält, ver bat feine Achtung
verloren, der wird mit Berachtung beitraft. Sie, meine
Herren, Sie haben Ihren Wählern verfprochen den
Eintritt in den Nordbund, Sie haben darnadh geftrebt
und find jest an der Enticheidbung angelangt. Sie können
vor Ihre Wähler hintreten und jagen: Wir haben gethan,
was wir euch verfprochen haben. Ganz anders Iteht c8
mit und Wir waren der Ueberzeugung, daß ein Auf:
gehen in Breußen ein Unglüd für das Land, Noth und
Elend für das Volk if. Wir haben unfern Wählern
veriprochen, daß wir für die Selbjtändigfeit Bayerns
find; wir haben durh Annahme unjeres Mandats ung
verpflichtet, nach unjerem Programme zu handeln.
Ya, heißt es, wenn bie Staatsregieruung die Ver-
träge noch nicht abgefchloffen hätte, würden wir Dies
allerdings thun; aber das ift mir fein Grund. Die
Staatsregierung wußte, daß die Mehrheit diefes Haufes auf
biejes Programm gewählt ift, und hätte fie, ehe noch bie
Verträge gejchloffen waren, die Kammer aufgelöft, jo hätte
das Volk gefprochen, was es will.
Herr Abg. Baron Freyberg hat uns verlefen, daß
die Verantwortung die Regierung ganz allein treffe, bie
\olhe Berträge abgefchloffen. Er fjtimme aus wirtb-
Ichaftlihen Interrefjen für die Verträge. Dem ftimme
ich nicht bei. Denn, wenn wir ben Verträgen beiltimmen,
dann trifft die Verantwortung das Minifterium nicht
allein, jondern wir genehmigen das, was das Minifterium
gethan hat, aljo tragen wir auch die Verantwortung mit.
Sch ftimme deghalb für die Verwerfung der Verträge,
um Noth und Elend vom DBolfe abzuhalten und als
ehrlicher deutfcher Mann mein gegebenes Wort zu halten.