Full text: Reden der verfassungstreuen Patrioten in den bayerischen Kammern über die Versailler Verträge.

169 
  
Meine Herren, in den Neueften Nachrichten war vor 
einigen Tagen ein Artikel zu Iefen, daß die Ungebilbeten 
diefer Seite auf Seite des Herrn Neferenten Vörg 
jtehen. Ich bin nun einer diefer Ungebildeten, und 
wil Ihnen bier eine furze Aufllärung geben. Das 
Zandvolf ift heute noch ftolz auf bie Ehrlichteit der alten 
Deutjchen; ein Wort, ein Handjchlag bebeutete mehr als 
in jeßiger Seit oft ein Eid, und wer dem Lanbvolf fein 
Wort gegeben und es nicht hält, ver bat feine Achtung 
verloren, der wird mit Berachtung beitraft. Sie, meine 
Herren, Sie haben Ihren Wählern verfprochen den 
Eintritt in den Nordbund, Sie haben darnadh geftrebt 
und find jest an der Enticheidbung angelangt. Sie können 
vor Ihre Wähler hintreten und jagen: Wir haben gethan, 
was wir euch verfprochen haben. Ganz anders Iteht c8 
mit und Wir waren der Ueberzeugung, daß ein Auf: 
gehen in Breußen ein Unglüd für das Land, Noth und 
Elend für das Volk if. Wir haben unfern Wählern 
veriprochen, daß wir für die Selbjtändigfeit Bayerns 
find; wir haben durh Annahme unjeres Mandats ung 
verpflichtet, nach unjerem Programme zu handeln. 
Ya, heißt es, wenn bie Staatsregieruung die Ver- 
träge noch nicht abgefchloffen hätte, würden wir Dies 
allerdings thun; aber das ift mir fein Grund. Die 
Staatsregierung wußte, daß die Mehrheit diefes Haufes auf 
biejes Programm gewählt ift, und hätte fie, ehe noch bie 
Verträge gejchloffen waren, die Kammer aufgelöft, jo hätte 
das Volk gefprochen, was es will. 
Herr Abg. Baron Freyberg hat uns verlefen, daß 
die Verantwortung die Regierung ganz allein treffe, bie 
\olhe Berträge abgefchloffen. Er fjtimme aus wirtb- 
Ichaftlihen Interrefjen für die Verträge. Dem ftimme 
ich nicht bei. Denn, wenn wir ben Verträgen beiltimmen, 
dann trifft die Verantwortung das Minifterium nicht 
allein, jondern wir genehmigen das, was das Minifterium 
gethan hat, aljo tragen wir auch die Verantwortung mit. 
Sch ftimme deghalb für die Verwerfung der Verträge, 
um Noth und Elend vom DBolfe abzuhalten und als 
ehrlicher deutfcher Mann mein gegebenes Wort zu halten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.