100 Zweites Buch. II: Heinrich und König Konrad.
fahrer für eine ausgezeichnete Gelegenheit, seine Herrschaft zu erweitern.
Er ließ die Kreuzfahrer von dem Bischof von Oporto auf das glänzendste
empfangen und sie während der elf Tage, die sie auf den Grafen von Arschot
und ihre übrigen Gefährten warteten, auf das zuvorkommendste verpflegen.
Ende Juli Als sich endlich die ganze Flotte wieder zusammengefunden hatte und ihr
Besehlshaber angelangt war, forderte der König die deutschen, englischen
und französischen Krieger auf, wenn sie denn gekommen seien, für Gott zu
streiten, so möchten sie ihm gegen Lissabon und dessen Einwohner helfen, die
das christliche Gebiet beständig beunruhigten"). Schon durch die Freundlich-
keit des Königs gewonnen, glaubten die Pilger, auch durch diesen Kampf
gegen die Ungläubigen ihr Gelübde zu erfüllen. Sie gingen deshalb auf das
Anliegen ein, brachen gegen die feindliche Hauptstadt auf und kamen ohne
28. unglücklichen Zufall in der Mündung des Tajo und, diesen hinauffahrend,
Julie“) vor Lissabon an. 13 000 Mann zählten sie mir den portugiesischen Hufs-
truppen-), als sie ihr Lager vor dieser Stadt aufschlugen und bald deren
Vorstädte einnahmen. Bei weitem schwieriger freilich war die Eroberung
der stark befestigten Stadt selbst. Während die Flandrer in deren Osten, die
Engländer im Westen je einen großen Turm erbauen mußten, zimmerten
die Rheinländer und Westfalen eine bewegliche Schiffbrücke, um sich von
August Süden her über den Tajo den Mauern nähern zu können. In wiederholten
Ausfällen zerstörten die Sarazenen alle Belagerungsarbeiten der Christen.
Aber diese ließen sich nicht abschrecken. Auf der englischen Seite errichtete ein
kunstverständiger Pisaner einen noch weit höheren Turm, als der früher zer-
störte gewesen war. Ein anderer Kreuzfahrer führte zahlreiche Minen unter
29. Sept. die Wälle, und als ein starker Haufe Sarazenen einen Ausfall unternahm, um
Oktober diese Arbeit zu stören, wurde er von den Christen fast gänzlich vernichtett).
Nachdem diese ihre Minen mit Holz gefüllt und dann angezündet hatten,
stürzten wirklich Teile der Mauern ein. Nach langen, mit verschiedenem
Glücke durchgefochtenen Kämpfen bedrängten endlich die Rhemländer und
21. Flandrer durch ihren ungestümen Angriff die Sarazenen so sehr, daß diese
Okt. ) um Frieden baten. Er wurde dahin abgeschlossen, daß die Mauren unter
) Helm. l. o.: Rex ergo Galatiae laetior effectus de adventu peregrinorum, rogavit,
ut si propter Deum pugnaturi exissent, fierent sibi auxilio contra Lacebonam et
eius incolas, qui fines obristianos inquietabant.
Cont. Praemonstr., p. 453: Navalis Dei exercitus 4. Kal. Julü in vigilia
apostolorum Ulixisbonam applicuit. — Epist. Arnulfi l. c. in vigilia apostolorum
Petri et Pauli. — Nach der damals herrschenden Ansicht wäre Lissabon (Ulixisbona)
von Ulysses gegründet.
5% )) Cont. Praemonstr. I. o. — Die Sarazenen werden von der Cont. Praemonstr.
und Arnulfus, p. 802 übereinstimmend auf 200 500 viros angegeben; eine ganz phan-
tastische Ubertreibung!
#) Alle diese die Belagerung Lissabons betreffenden Einzelheiten finden sich ausführ-
lich bei Arnulf, S. 801 und 802.
f1) In festo undecim millium virginum. Ep. Arnulfi, p. 802. — Cont. Praemonstr.,
453: Ulixisbonam post quattuor mensium obsidionem capiunt. — Bgl. Cont.
blacencis M. G. Ss. VI, 389.