8 Erstes Buch. Einleitung.
den die aufrührerischen Fürsten von ihren Untervasallen, deren Interessen
der Kaiser stets gegen die Lehnsherren verfochten hatte, verlassen und mußten
sich zu Ulm ergeben. Ernsts tragisches Schicksal ist allgemein bekannt; mit
Welf wurde milder verfahren. Um ihn zu bestrasen und zugleich der ge-
kränkten Kirche den Schaden zu ersetzen, nahm Konrad dem Welfen eine
tiroler Grasschaft zwischen Brixen und Trient und übergab sie dem Bistume
Brixen"). — Als Welfseine bayerischen Besitzungen so geschmälert sah, wollte
er seinen Sitz von Bayern ganz fort verlegen; und da er zugleich von Reue
geplagt wurde über die an den Bistümern Augsburg und Freising verübten
Frevel, schenkte er fast alle seine bayrischen Güter diesen beiden Hochstifterm
und zog sich nach Schwaben zurück. Fortan betrachteten sich die Welfen nur
noch als Schwaben und wurden auch von den Zeitgenossen lediglich als
Schwaben angesehen??). — Überhaupt war Welf II. von größtem Einflusse
auf die Zukunft seines Geschlechtes, und besonders seine Familienverbin-
dungen bestimmten die Richtung des welfischen Hauses in hohem Maße.
Ervermählte sich mit der Tochter des Grafen Friedrich von Burgund, Irmen-
trud oder Imiza, die ihm ihr mütterliches Gut mitbrachte, das 11 000 Hufen
umfassende Tal des von den Bergen um Sinigaglia aus in den Arno sich er-
gießenden Elsaflusses'““). Seine Tochter Kunigunde oder Cuniza vermählte
er mit dem reichen Markgrafen Azzo II. von Este, dem er jenes Tal als Mit-
gift seiner Tochter überließ.
Der Stammvater der Este, die so in engste Verbindung mit den Welfen
traten, war Bonifaz I., ein Bayer, den Karl der Große zum Grafen von
810 Lucca und Markgrafen von Toscana einsetzte. Dessen Sohn Bonifaz II.
wurde von Ludwig dem Frommen auch zum Befehlshaber Korsikas ernannt
und reinigte als solcher das Meer zwischen dieser Insel und Afrika von den
sarazenischen Seeräubern. Sein Sohn, Markgraf Adalbert I., spielte in den
unaufhörlichen Kämpfen der nächsten Zeit in Italien eine hervorragende
Rolle und wußte seine Besitzungen bedeutend zu vergrößern. Auch in der
ca. 895 Provence hatte er eine Grafschaft inne. Adalbert II. ging vom bayrischen
zum lombardischen Rechte über. Zu den italischen Machthabern, die Otto
960 den Großen nach Italien riefen, gehörte auch Markgraf Oberto I. von Tus-
zien, der dann vom Kaiser zu seinem Stellvertreter in Italien, zum Pfalz-
grafen ernannt wurde. Als solcher herrschte Oberto in den kaiserlichen Be-
sitzungen Pavia, Lucca, Velletri, dem Mailändischen und Veronesischen.
Außer der Markgrafschaft in Tuszien besaß Oberto noch Allode in den Graf-
schaften Arezzo, Pisa und Lucca: die sogenannte Terra Obertenga. Die
°) Die Urkunde darüber Scheid, Orig. Guelf., II. p. 251 f.
%) Val. Otto Frisingensis, Gesta Friderici I., lib. II., cap. 2. — Hermanni Contracti
Chronicon ad an. 1047 (M. G. Ss. V).
*%In der Bestimmung der Elisine cortis, cujus sunt XI millia mansuum una valle
comprehensa, muß ich Leibniz, Ekkard und Schei d (Orig. Guelf., II, p. 223f.)
beipflichten, gegenüber Murator i (Antich. Est. I, p. 5. 48. 333); die Gründe ge-
hören wohl nicht hierher.