Full text: Heinrich der Löwe Herzog von Bayern und Sachsen.

Anf. Juni 
1164 
140 Zweites Buch. IV: Friedrichs I. und Heinrichs Freundschaft. 
werke zu Oldesloe sehr gehoben und machten den herzoglichen Salinen zu 
Lüneburg bedeutende Konkurrenz. Diese letztere Tatsache griff der Herzog 
mit Freuden auf, zum Vorwande, um auf die neuen Schöpfungen Adolfs 
Anspruch zu erheben. Besonders behauptete er ein Recht auf den Besitz 
Lübecks zu haben, da dieser Ort nicht auf wagrischem Gebiete, sondern in 
Polabien lag, das dem Grafen Adolf nicht angehörte'). Er schützte zugleich 
vor, Lübeck, das doch schon durch seine Lage weit mehr auf den Verkehr mit 
den Ostsee= als mit den Nordseehinterländern angewiesen war, bereite durch 
seinen Handel der altberühmten herzoglichen Stadt Bardewiek den Unter- 
gang, während in Wahrheit Bardewiek allein den Warenaustauschdereigentlich 
deutschen Länder mit England, Flandern und Frankreich besorgen konnte, zum 
engen Verkehr mit den Ostseewenden aber gänzlich unbrauchbar gelegen war. 
Aber Heinrich war es weniger um die Gerechtigkeit seiner Ansprüche zu tun, 
als um einen Anteil an den reichen Einkünften von Oldesloe und Lübeck. Er 
forderte also von dem Grafen zum Ersatze für den ihm aus dem Sinken Lüne- 
burgs und Bardewieks erwachsenden Schaden die Hälfte jener beiden wag- 
rischen Städte für sich selbst; sonst würde er von seinem herzoglichen Rechte 
über die Handelsgesetzgebung Gebrauch machen und den Lübecker Handel 
ganz verbieten. Aber der Graf von Holstein, der erstens die Forderung des 
Herzogs für ungerecht hielt und zweitens fürchtete, die ihm bleibende Hälfte 
der beiden Orte würde durch die Schikanen des Herzogs doch bald zum Sinken 
und Verfall gebracht werden, schlug das Anerbieten ab. Da führte der Herzog 
seine Drohung aus, untersagte allen Handel nach Lübeck, denjenigen mit 
Lebensmitteln ausgenommen, und ließ die Oldesloer Solquellen durch 
Hineinleitung süßen Wassers gänzlich verderben. Der Segen, den eben erst 
die väterliche und lluge Regierung Adolfs II. geschaffen hatte, nahm jetzt 
natürlich wieder ab. Nicht nur verminderten sich die Emkünfte des Grafen, 
der Wohlstand des ganzen Landes sank schnell"““). Aber was konnte der 
Schwächere, der Vasall, gegen die brutale Gewalt des mächtigen Herzogs 
unternehmen? Es blieb ihm nichts übrig, als seinen gerechten Grimm und 
Kummer zu unterdrücken. 
Während Heinrich so gegen die weltlichen Großen seine Macht im Slawen- 
lande auszudehnen suchte, brachte er auch mit Hilfe des Königs seinen Streit 
mit Hartwich von Bremen zum glücklichen Austrage'). Friedrich, der sich 
damals seinem herzoglichen Vetter in allem gefällig erwies, Üübergab diesem 
auf dem Hoftage zu Goslar eine feierliche Urkundef): „Wir verpflichten 
unsern teuren Heinrich, Herzog von Sachsen, daß er in dem Lande jenseits 
  
*) Ohne orge in der Zeitschr. d. Ver. f. Lübeckische Gesch. u. Altertumsk. XII 
(1910), S. 168—181. 
½% Helm. I, 76. 
*5Krit. Erört. IVg. 
) Scheid, Orig. Guelf. III, p. 470f. — Mon. G. Constit. I. 2066. — üÜber die 
endlose Diskussion, die sich wieder an diese Urkunde geknüpft hat, . Simonsfeld, 
Friedrich I., I, 227, Note.
	        
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