12 Erstes Buch. Einleitung.
1076 und weltliche Fürsten von dem Kaiser trennten. Als dieser nach Italien zog,
um von dem Papste Aufhebung des Bannes zu erflehen, besetzten die auf-
rührerischen Herzoge die in ihrem Gebiete liegenden Alpenpässe, um den un-
glücklichen Kaiser an diesem, ihm vielleicht nützlichen Schritte zu verhindern.
1077 Als Heinrich durch Burgund dennoch nach Italien durchschlüpfte, kamen die
Empörer, unter ihnen Welf, in Tribur zusammen und wählten daselbst
Rudolfvon Schwaben zum Gegenkönig. Welf söhnte sich bei dieser Gelegenheit
mit seinem ehemaligen, von ihm so tödlich beleidigten Schwiegervater aus,
indem bei etzterem das politische Interesse die Stimme der gekränkten Ehre
zum Schweigen brachte. Freilich verwüstete Heinrich, nach Lösung seines
Bannes aus Italien zurückgekehrt, ganz Süddeutschland, besonders auch die
Güter des doppelten Verräters Welf, aber dieser ließ sich in seiner Partei-
stellung nicht mehr zum Wanken bringen. Vielmehr ging erselbst nach Italien
und hatte mit dem Papste, dem Lehnsherrn seines Vaters, eine Unterredung,
in der er den heiligen Stuhl mit einem Heere zu unterstützen versprach, wenn
der Kaiser etwa in feindlicher Absicht gegen Rom in der Lombardei erscheinen
Okt. 1080 würde. — Zwar fiel Rudolf im Kampfe gegen seinen rechtmäßigen Herrn,
aber der Krieg wurde dadurch nicht beendigt, sondern die Aufrührer stellten
den Grafen Hermann von Salm als Rudolfs Nachfolger auf, und der Streit
dauerte fort. Welf IV. stand stets auf seiten der kirchlich-partikularistischen
Partei und wandte große Energie und Geschicklichkeit gegen den Kaiser an,
der ihm dafür das Herzogtum absprach.
um 1088 Indes nahn die kaiserliche Macht durch die treue Anhänglichkeit der deut-
schen und lombardischen Städte und den Übertritt vieler Fürsten zu ihr immer
bedeutender zu, so daß der Gegenkönig Hermann die allzudrückende Krone
niederlegte. Papst Urban II. sah sich ängstlich nach einer kräftigen Hilfe um.
Ihn solche zu bieten schienen die weiten Länderstrecken der damals zweiund-
vierzigjährigen Markgräfin Mathilde von Toskana, der treuen Anhängerin
des heiligen Stuhles, besonders geeignet, wenn ein tüchtiger entschiedener
Kriegsmann an ihrer Spitze stünde. Deshalb überredete er die sich lange
sträubende Markgräfin endlich, sich einen jugendlichen Gemahl zu wählen,
1089 und zwar bezeichnete er ihr als Gatten des Herzogs Welf gleichnamigen Sohn.
Dieser, ein damals höchstens siebzehnjähriger Jünglings), allerdings jeder
Bildung entbehrend, daer nicht einmal seinen Namen zuschreiben verstand"),
zeichnete sich durch Mut und Kriegstüchtigkeit aus und war so zu dem vom
Papste beabsichtigten Zwecke sehr geeignet; außerdem hoffte der Papst,
durch diese Verbindung die mächtigen Geschlechter der Este und Welfen um
so enger an das Interesse der Kurie zu knüpfen. Mathilde aber versprach
*) Annonymus de Guelfis ad an. 1071: Accepit autem (Welfus IV).. Juditham
in uxorem, ex qua duos filios, Guelfonem scilicet et Henricum, progenuit. —
Vgl. S. 11.
*?) In einer Urkunde vom April 1095 mußte er mit einem Kreuze unterzeichnen;
Quellen und Forschungen aus italien. Archiven u. Bibliotheken, XV, IRom 1912), S.58.