Vorwort.
Heinrich der Löwe ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen
Geschichte. Zwar ist er keiner der großen Helden, zu denen die gesamte Mit-
und Nachwelt in staunender Bewunderung aufschaut; aber er hat den be-
stimmendsten Einfluß auf die Geschicke des deutschen Reiches geübt. Er lebte
und handelte in der ersten Hälfte der staufischen Zeit, einer Epoche, in der
noch einmal gewaltige Kaiser es versuchten, ihren päpstlichen Gegnern die
Oberherrschaft über das Abendland zu entreißen und zugleich die deutsche
Nation zu der ersten und gebietenden in Europa zu machen. Aber ihr Versuch
mißlang; das Zepter der Cäsaren wurde ihren Händen entrissen, und mit
ihn fiel die Größe, die Herrlichkeit, ja die Einheit des deutschen Volkes. Hein-
rich der Löwe hat einen großen Einfluß auf die Entwickelung dieser Kata-
strophe geübt. Indem er zuerst die gesamten Kräfte seines weiten Gebietes
dem genialen Barbarossa zur Verfügung stellte, half er vor allen dazu, daß
dieser in raschem Siegeslaufe einen seiner Feinde nach dem andern
niederwarf. Als er dann aber seine Macht Friedrich I. bei dessen Ent-
scheidungskampfe mit den Lombarden entzog, veranlaßte er die unwieder-
bringliche Niederlage dieses Kaisers und damit der deutschen Herrschaft in
Italien überhaupt. Indes hat Heinrich nicht bloß negativ, nicht bloß zer-
störend gewirkt. Indem er das slawische Obotritenland, das jetzige Mecklen-
burg, zu germanischer Kultur hinüberführte und mit deutschen Ansiedle#r
anfüllte, hat er diese fruchtbare und wichtige Provinz für immer unserem
Baterlande gewonnen, der Germanisierung der ostelbischen Gebiete über-
haupt die wesentlichsten Dienste geleistet. Und auch für seine weiten deutschen
Besitzungen, Sachsen und Bayern, war Heinrich ein zwar strenger, aber Recht
und Gesetz eifrig handhabender Herrscher, ein steter Bewahrer des inneren
Friedens. Er war ein erfolgreicher Förderer des deutschen Städtewesens:
Lübeck wie München danken ihm ihren Aufschwung in kommunaler Ver-
fassung und Handelswohlstand.
So reizte mich dieser Stoff, eine Schilderung der Lebensarbeit Heinrichs
des Löwen, im ersten Beginne meiner Laufbahn als Historiker. Vielleicht
mit nicht ganz zulänglichen wissenschaftlichen Mitteln unternommen, ent-
sprach das Werk auch nicht ganz den strengsten Anforderungen. Dennoch hat
es offenbar das Interesse der geschichtsliebenden Kreise erregt und gefesselt,
so daß nunmehr — allerdings nach fast einem halben Jahrhundert — die