Full text: Heinrich der Löwe Herzog von Bayern und Sachsen.

Ordnung der ostelbischen Verhältnisse. 367 
Und noch mehr. Waldemar hatte schon früher (1164) seinen jungen, jetzt 
sechs Jahre alten Sohn Knut, der zum Nachfolger bestimmt war, mit der 
unehelichen Tochter Heinrichs, Mathilde, verlobt"“); in den Stürmen der 
letzten Jahre aber war jeder Gedanke an diese Verbindung geschwunden. 
Jetzt war Heinrichs und der Clementia eheliche Tochter Gertrud durch den 
Tod ihres Gatten freigeworden; um sie bewarb sich Waldemar für semen 
Sohn, obschon sie mindestens zwölf Jahre älter war, als dieser. Natürlich 
hatte Heinrich gegen ein solches Bündnis nicht viel einzuwenden, besonders 
da die junge Witwe sich bisher mit einer gleichaltrigen Stiefmutter zu ver- 
tragen hatte; und da ihm auch seine wärmsten Anhänger und Freunde zur 
Gestattung der Ehe rieten, sandte er zwei Jahre später Gertrud in das Dänen- 
reich, wo sie 1172 den dänischen Kronerben ehelichte"“). 
Nach so vollkommener Herstellung des Friedens erfreuten sich Sachsen und 
die dazugehörenden Landstriche vollkommenster Ruhe. Die Räubereien der 
Slawen auf der Ostsee hörten auf. Zugleich fuhren Heinrich und seine Unter- 
gebenen fort, die neugewonnenen Slawenländer, soweit sie den slawischen 
Unterfürsten entzogen waren, also Wagrien, Polabien und das westliche 
Mecklenburg, mit Neukolonisten zu besetzen, so daß die ganze Gegend bald 
als wahrhaft sächsische erschien. Es regte sich auf dem fruchtbaren, jungfräu- 
lichen Boden ein frisches, gedeihliches Leben. Städte und Dörfer stiegen bald 
in Menge empor, und auch der Bau von Gotteshäusern, die Anstellung von 
Geistlichen wurde eifrig betrieben. Gewiß trug es sehr zur Förderung des 
ganzen Landstriches bei, daß er in Lübeck einen gut gelegenen, leicht erreich- 
baren Warenplatz zum Export und Import besaß; wie natürlich anderseits 
wieder die Blüte Lübecks nur dadurch ermöglicht wurde, daß es ein so reiches, 
gut bebautes Hinterland besaß. Als später bei steigender Kultur und Ent- 
wicklung der Industrie die Ackerbauländer Holstein und Mecklenburg an 
relativer Wichtigkeit verloren, sank auch Lübeck; damals aber, als sie zu 
den reichsten Gegenden Europas zählten, stand mit ihrer wachsenden Aus- 
nutzung auch ein wachsender Wohlstand ihrer Handelsmetropole in sicherer 
Aussicht. 
Auch Pribislaw, der jetzt noch das östliche Mecklenburg von dem Schweriner 
See an besas, suchte seinen deutschen Nachbarn gleichzukommen. Er hatte 
jeden Gedanken an Empörung gegen den mächtigen Sachsenherzog auf- 
gegeben und suchte nur in innerer Hebung des von ihm beherrschten Landes 
Steigerung seiner Macht. Wie Heinrich deutsche, so zog er slawische Ansiedler 
in großer Zahl in sein Gebiet und erbaute oder vergrößerte die Städte Meck= 1170 
lenburg, Jlow und Rostock. Auch stiftete er auf einem Landtage zu Doberan 1. März 
das später so reich gewordene Kloster dieser Stadt und rief die Zisterzienser 
von Amelungsborn herbei, um es zu besiedeln. Er schenkte ihnen zahlreiche 
  
*) Seite 296. 
*%) Helmm. II, 110.
	        
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