Februar
1185
470 Fünftes Buch. I: Heinrich in der Verbannung. Friedrichs letzte Taten.
man über die Mathildische Erbschaft nicht zur Einigkeit gelangen, da jederder
beiden Fürsten sie als sich angehörend beanspruchte; einstweilen hatte sie der
Kaiser seit zwanzig Jahren imtatsächlichen Besitze“). Drittens gerieten Kaßer
und Papst wegen der Trierer Angelegenheit in immer stärkeren Zwist, so daß
jener schon furchtbare Drohungen gegen Lucius aussprach; und bei solcher
gegenseitigen Stimmung war es endlich auch natürlich, daß der Papst auf
Friedrichs Wunsch, seinen Sohn, den jungen König Heinrich, zugleich zum
Kaiser zu krönen, durchaus nicht eingehen wollte; es dürften nicht zugleich
zwei Kaiser herrschen, meinte er. Man trennte sich feindseliger, als man zu-
sammengekommen war“).
Einer derartigen Stimmung des Papstes gegenüber suchte der Staufer
diesen alte Bundesgenossen zu sich herüberzuziehen. So verbündete ersich
eng mit dem mächtigen Mailand; dieses sowie nach und nach alle wichtigeren
lombardischen Städte verpflichteten sich ihm zur Echaltung und Wider-
gewinnung aller Rechte und Güter des Reiches nicht nur in der Lombardei
und den Marken, sondern ganz besonders in dem einstigen Gebiete der
Gräfin Mathilde '#) — ein Abkommen, das geradezu gegen die Kurie ge-
richtet war. Der Kaiser zog ferner die einflußreichen Markgrafen von Gste
an sich heran und unterstützte die dem Papste feindlichen Römer und deren
Alliierte. Die ihm abgeneigten Städte Tusziens strafte er. Aber er tat jeßt
auch einen noch viel bedeutungsvolleren Zug gegen das Papsttum, der für di
ganze Zukunft seines Geschlechtes, Deutschlands und Italiens die wichtigsten
Folgen herbeiführte.
Es ist schon früher im Verlaufe der Ereignisse darauf aufmerksam gemacht
worden, wie die deutschen Kaiser notwendigerweise zu dem Streben gedrängt
wurden, sich Süditaliens zu bemächtigen, das nicht nur den Ansprüchen, die
das Reich auf dasselbe hegte, sich bisher entzogen, sondern auch stets das
Papsttum und alle kaiserfeindlichen Elemente in Deutschland sowohl wie in
Italien unterstützt hatte. Häufig genug hatten die Deutschen es mit der Ge--
walt der Waffen versucht:immer ohne Erfolg. Jetzt schien die Gewinnung auf
friedlichem Wege erfolgen zu können. Es saß zu dieser Zeit König Wilhelm II.
auf dem Thron, der einzige Sohn Wilhelms I. (gest. 1166). Da seine Ge-
mahlin Johanna, eine Tochter König Heinrichs von England, söhnelos war,
vererbte nach seinem Tode die Krone sich auf seine Schwester Konstanze, den
einzigen legitimen Sproß des Königshauses. Wenn es also dem Kaiser ge-
lang, eine Vermählung seines ältesten Sohnes mit Konstanze herbeizuführen,
mußte an diesen nach dem Tode Wilhelms auch das schöne und weite sizilische
Reich fallen. Von seiten der sizilischen Bevölkerung hatte man einen ernst-
lichen Widerstand nicht zu erwarten, da sie durch inneren Zwiespalt zerrüttet
und sittlich und materiell geschwächt war. Freilich erkannten die Pänpste die
2 v Ficker „Gorsch, m deid u. Rechtsgesch. Italiens II, 199.
Regia Colon., p.
2 II, 200.