572 Kritische Erörterungen zum zweiten Buche.
Nichts scheint also fester zu stehen, als die Bezeichnung des Herzogs Friedrich
als zukünftigen König durch den sterbenden Konrad III.; von Erblichkeit war
selbstverständlich nicht die Rede. Da kam aber J. Jastrow, der in der Deutsch.
Zeitschr. 6 Geschichtswiss., Bd. X (1893), S. 80 ff. darlegte: es gebe zwei Traditionen,
die staufische, zunächst von Otto von Freisingen geschaffene, melde, daß Konrad seinen
Neffen zum Könige bestimmt habe; die welfische, repräsentiert durch die Gesta
eePiscoporum Halberstadensium I(geschrieben um 1210; M. G. Ss. XXIII. 73 ff.)
behaupte, daß Konrad seinen Sohn zwar dem Neffen übergeben, aber den ersteren
zum Könige designiert habe. Die staufische Auffassung habe ihre weitere Ausbildung
erst in den letzten Jahren Kaiser Friedrichs I. erhalten, durch die Kölner Reichsannalen
und den Dichter Liguänus: die welfische Tradition seit dem Ende des 12. oder dem
Anfange des 13. Jahrhunderts und sei durch viele falsche Behauptungen gestützt
worden. Wahrscheinlich habe Konrad überhaupt keinen Vorschlag gemacht. —
Peters hat dann (Hist. Forsch. z. deutsch. Gesch., Bd. XX (1899), S. 454 ff.)
diese Auffassung Jastrows dahin abgeändert, daß er der staufischen „eine nicht gerade
antistaufische, aber doch unabhängig populäre“ Uberlieferung entgegenstellte.
Noch weiter war P. Hasse in seinem Buche „Die Erhebung König Friedrichs
des Ersten“ (Bonn 1882), S. 335, gegangen, indem er die angebliche Ubertragung
der Krone durch Konrad an Friedrich nur für eine Beschönigung von dessen „Staats-
streich“ durch die königliche Kanzlei und die offiziöse Chronistik erklärt hatte.
Diese künstliche Interpretation ist in vollem Maße von Rob. Holtzmann
widerlegt worden (Histor. Vierteljahrsschr., Bd. 1118981, S. 187 ff.). Er wies darauf
hin, daß viele annähernd gleichzeitige und glaubwürdige Berichte, darunter auch die
welfische Weingartener-Chronik, die Designation Friedrichs durch Konrad überein-
stimmend berichten; daß dagegen diese Tatsache nur von späteren Fabeleien, die
noch dazu sich untereinander widersprechen, geleugnet wird, nur von der ganz kon-
fusen Gesta Epp. Halberstad., der hier aus trüben Quellen schöpfenden französischen
und niederlothringischen Uberlieferung (vgl. Chronicon Stc. Clementis Mettense;
M. G. Ss. XXIV. 5014, die den einzigen Sohn Konrads „Karl“" nennt). Es kann also
hier nicht von einer „staufischen und antistaufischen“, sondern nur von ciner zuver-
lässigen und unglaubwürdigen Quelle die Rede sein. — H. Simonsfeld in den
Sitzungsber. d. Münch. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., 1894, S. 239 ff., widerlegte Hasse,
neben Jastrow, von dem er mit Recht sagte, daß er den Worten Gewalt antue und
seine Gedanken viel zu scharf auspräge.
8 Daß Konrad in Bamberg bcerdigt worden, melden: An. S. Petri Erf.; An.
Herbipol., p. 8; Theod. Mon. Palid., p. 86; Chron. Reg. Colon., p. 88; Annales
Benedictoburani M. G. Ss. XVII, p. 319; Otto Fris. G. F. i. I. 70, der die Umstände
der Beisetzung genau beschreibt. Ferner die (allerdings hier um ein Jahrhundert
spätere) Kaiserchronik v. 17, 318 (p. 539): ze Babenberc lit der hére. Gegen diese
Zeugnisse verlieren diejenigen des Otto de S. Blasio (Schulausgabe), p. 5, der
Chronica Minor in den Monum. Erpherf. (Schulausgabe), p. 638 und der An. Vetero-
Cellenses, p. 84 ihre Kraft, daß Konrad in Speier seine Grabstätte gefunden.
IV.
a Es sind uns mannigfache Schilderungen Kaiser Friedrichs I. aufbewahrt, zum
großten Teile von solchen, die ihn selbst gesehen und gekannt, freilich aber auch seine
egeisterten Anhänger und Lobredner sind. So Otto von Freising in seiner Einleitung
zum Leben Friedrichs (Schulausg., S. 9), so Ragewin in seinem Epilog zum Leben
Friedrichs (ibid. Buch IV, cap. 86), so Acerbus Morena, der Podesta von Lodie
(M. G. Ss. XVIII, 640), so abt Wibald in einem Briefe an den Papst (375. Ep.
Wib., p. 505), so Burchard im Leben Friedrichs (Schulausg., S. 21). — Aus späterem
Lebensalter — während des dritten Kreuzzuges — datiert seine Schilderung durch
Richard von London (M. G. Ss. XXVII. 204). Auf die Büste, von der F. Philippi
(Die Lappenberger Porträtbüste Kaiser Friedrich I., Zeitschr. f. vaterländ. Gesch.
u. Altertumskunde, Bd. 44 (1886), S. 150 ff.) spricht, möchte ich bei dem Wesen
und der Richtung der damaligen Kunst kein Gewicht legen. Sämtliche noch vor-