Full text: Heinrich der Löwe Herzog von Bayern und Sachsen.

II. Buch, V. Kapitel. 579 
V. 
Über das eigentliche Jahr des Zuges Heinrichs des Löwen nach Friesenland g 
und seiner Bestrafung des Erzbischofs von Bremen herrscht einiger Zwiespalt. Nach 
Helmolds Angabe (I. 83, p. 158) erfolgte die letztere und die Ergreifung einiger 
Friesen in Bremen im Jahre 1155 in Calendis Novembriz; von da kehrte der Herzog 
um Weihnachten nach Braunschweig zurück (den eigentlichen Friesenzug erwähnt 
Helmold nicht). — Ann. Palid., p. 90: 1156 Henricus dux Fresiam hostiliter in- 
gressus est sed inacte reditt. Angabe und Datum entlehnen wörtlich Albert. Stad., 
P. 344. An. Pegav., p. 139 und Chr. Mont. Ser., p. 151, doch setzt letzteres noch aus 
einer anderen Turüie hinzu: Henricus dux, habita cum Bremensi episcopo disoordia. 
urbes et beneficia, quae voluit, ab eo extorsit. Daß das Chr. Mont. Ser. aus den 
Magdeburger Annalen entlehne und nicht umgekehrt, ist schon Krit. Erört. II k 
bemerkt. Albert. Stad. ist in diesem Jahre ganz unselbständig. — Ebenso sagt, un- 
abhängig von diesen Quellen, das Chr. S. Petri Erford. Mod., p. 179: 1156 Heinricus 
dux Saxonum congregato e xercitu perrexit in Fresiam et vix euasit; ähnlich Ann. 
S. Petri Erpherf. Antiqua (Schulausg., S. 19); die Ann. S. Petri Erpherf. Majores 
(das. S. 57) setzen gar hinzu:r sed dux cum periculo qduorundam suorum Terga vertit. 
— Daf also der eigentliche Friesenzug in das Jahr 1156 fällt, ist keine Frage. Wohl 
aber handelt es 8 noch um die Zeit der Bestrafung des Erzbischofs. Da sich hier 
Helmold und Chr. Mont. Ser. gegenüberstehen, müssen wir nach derjenigen Quelle 
suchen, die größeren Glauben verdient; und da haben wir drei Gründe, Helmold 
der Chronik vorzuziehen: 1. Helmold ist am ausführlichsten, den geschilderten Vor- 
gängen am nächsten und kannte den Bischof Gerold persönlich, der an allen diesen Er- 
eignissen beteiligt war; 2. es ist nicht wahrscheinlich, daß der Kaiser mit der Be- 
strafung des ungehorsamen Erzbischofs ein volles Jahr nach seiner Rückkehr gewartet 
habe; 3. die Chronologie bei Helmold ist in sich Übereinstimmend. 
Daß der Friesenzug in das Jahr 1156 fällt, ist schon oben bemerkt (Krit. Erört. 
Va). Jetzt ist die Zeit näher zu bestimmen. Es ist nicht anzunehmen, daß die Ex- 
pedition in das wilde, unwirtliche Land während der rauhen Jahreszeit (Januar bis 
Märzy stattfand, auch wird diese teilweise durch die Verhandlungen zu Artlenburg 
— wo gewiß noch viele andere Dinge zur Sprache kamen, als von denen Helmold 
spricht — und durch den Aufenthalt in Braunschweig ausgefüllt. Anderseits war 
Heinrich schon am 10. Mai in der kaiserlichen Pfalz in Boyneburg in Hessen (Scheid. 
Orig. Guelf., III. p. 463 und St. Nr. 3740). Dann kehrte er im Juni nach 
Sachsen zurück, bliek dort Juli und August (s. Krit. Erört. Vd) und war Mitte Sep- 
tember wieder in Regensburg: die ganze Zeit hindurch hatte ihn der Streit um das 
bayrische Herzogtum ernstlich und unausgesetzt beschäftigt. Hierauf traten die dänischen 
Händel ein, die ihn auch vollständig bis zum Ende des Jahres in Anspruch nahmen. 
— Aus alledem geht mit höchster Wahrscheinlichkeit hervor, daß der Friesenzug im 
April und im Anufang Mai 1156 stattgefunden hat. 
Zeugnisse für Heinrichs Anwesenheit zu Würzburg sind kaiserliche Urkunden bei e 
Ughelli, Italia sacra, IV. p. 667 f., vom 15. Kal. Julü 1156 ind. IV und St. Nr. 
3742—3746a. Unter den testes, in quorum praesentia haec facta sunt, steht als 
erster weltlicher Fürst Henricus dux Saxoniae et Bavariae, dann folgen Herzog 
Friedrich von Schwaben, der Sohn König Konrads III., und Conradus dux, frater 
im pperatoris (der Pfalzgraf bei Rhein). 
Daß Heinrich zwischen den Reichstagen von Würzburg und Regensburg noch d 
einmal in Sachsen war, ist sicher. Nicht nur erwähnt Helmold (I. 85, p. 166) aus- 
drücklich die Reise Heinrichs von Sachsen nach Regensburg — was er doch nicht zu 
tun brauchte, wenn er mit dem Kaiser in Süddeutschland geblieben wäre — sondern 
wir besitzen auch zwei Urkunden, ausgestellt von Heinrich, Herzog von Bayern und 
Sachsen, zu Herzberg am 26. Juni 1156. (Stumpf. Acta Moguntini saeculi XII. 
p. 62) und zu Bruneswich VIII. Kal. Aug. 1156. Unter den Zeugen befinden sich 
viele sächsische Große: Falcke, Codex traditionum Corveiensium, p. 223. — Was 
Heinrich hier in Sachsen zu tun hatte, kann nicht ermittelt werden. Der Friesenzug 
kann schwerlich in diese Zeit fallen, da man doch nicht zu wissen vermochte, ob er 
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