604 Kritische Erörterungen zum dritten Buche.
anderen Quellen unter den wenigen eidweigernden Prälaten genannt worden sein,
wenn er sich ihnen wirklich — hätte. — Daß die Behauptung: fere omnes
Principes eidem Moguntino concordant per omnia, falsch sei, beweisen die Quellen 1,
3, 6, 7, 8, 11, 12 hinlänglich. — Über das erwähnte Abenteuer und Gelübde Wich-
manns wissen wir sonst nichts. Sicher aber ist, daß er sich keineswegs offen für
Alexander erklärte. Vielleicht ist es richtig, daß, wie Quelle 2 erzählt, Wichmann
zu Würzburg sich eine Zeitlang sträubte, den Eid für ewige Anerkennung Paschals
uleisten; zuletzt aber hat er sich dazu verstanden, und von einer offenen Parteinahme
for Alexander kann bei dem während seines 30jährigen Erzbistums stets kaisertreuen
Manne gar nicht die Rede sein. — MuV richtig ist in dem Briefe — abgesehen von den
Nachrichten über Italien — nur anzunehmen, was der Kardinal über Konrad von
Mainz erzählt, und dann seine Angabe, daß Erzbischof Reinald von Köln und Herzog
Heinrich von Sachsen die hauptsächlichen Verfechter von Friedrichs kirchlicher Politik
seien. Daß diese beiden Männer wirklich eine solche Stellung eingenommen haben,
wird auch sonst vielfach bestätigt.
14. Wilhelm von Malmesbury erzählt in seinem Leben des h. Thomas II, 20
(Mansi Conc. XXI., p. 1218), der König von England habe aus Arger darüber, daß
Alexander den Thomas Becket begünstigt, Johann von Oxford und Richard von
Winchester nach Würzburg geschickt, um zur Partei Paschals überzutreten. Auf den
Rat des Erzbischofs von Köln schworen die Bischöfe, einige zögernd und sich unter
Tränen weigernd, dem Paschal Treue; und einen ähnlichen Eid legten die englischen
Gesandten ab.
15. Johann von Salisbury, der langjährige Freund des Thomas Becket und
begeisterter Anhänger Alexanders, schreibt an Eicko Johann von Poitiers (Mansi
Conc. XXI, p. 1222): Johann von Oxford habe im Namen seines Königs dem
Kaiser Hilfe gegen alle gelobt, mit Ausnahme des Königs von Frankreich. Aber
auf die Bemerkung des Kaisers, das Bündnis sei nur gegen Alexander und dessen
Kardinäle gerichtet, eine Ausnahme sei deshalb unstatthaft, und sic möchten sich
bestimmt erklären; hätte Johann geantwortet: ihr Herr sei gänzlich derselben Ansicht,
wie der Kaiser, und in diesem Sinne leisteten sie den Schwur. So versicherten Augen-
eugen. — Dieser Bericht Johanns, der ihn sicherlich von den englischen Gesandten
elbst erhalten, ist gewiß zuverlässig, besonders da Johann das Eingeständnis eines
solchen Bündnisses zwischen seinem König und dem verhaßten Staufer sehr schwer
fallen mußte. — —
Betrachten wir also zunächst nur diese kleineren Quellen, 3 bis 15, so stehen im
allgemeinen folgende Tatsachen fest: a) Der Reichstag fand in Würzburg um den
23. Mai statt. b) Es waren vierzig Bischöfe und Erwählte, sowie die englischen Ge-
sandten anwesend; auch die weltlichen deutschen Fürsten waren in ihrer großen
Mehrzahl verfammelt (3, 6, 7, 8, 12, 14, 15). o) Auf den Rat des Erzbischofs von
Köln ließ Friedrich sämtliche anwesenden Prälaten und Fürsten den Eid, den er selbst
für Paschal abgelegt, nachschwören; viele Bischöfe verstanden sich nur widerstrebend
und llagend zur Befolgung des Besehles. d) Konrad von Mainz entging ihr durch
die Flucht zu Alexander I e) Aber die englischen Gesandten leisteten einen ähn-
lichen Eid. f) Nach und nach beschworen alle Geistlichen und Fürsten Deutschlands
mit sehr wenigen Ausnahmen die Würzburger Beschlüsse. — So haben wir eine
sichere Basis gewonnen, von der aus wir zur Kritik der beiden weitläufigeren Quellen
schreiten können.
Untersuchen wir zuerst deren Bedeutung von aprioristischem Standpunkte aus.
Da ist denn die Quelle Nr. 1 eine Staatsschrift des Kaisers, die dieser und sämtliche
anwesende geistliche und weltliche Fürsten unterschrieben hatten (uogl. Nr. 9). Es
waren höchstwahrscheinlich in dieser Schrift viele Vertuschungen und Übertreibungen
enthalten, im ganzen und großen war sie aber zu gut verbürgt und zu leicht vernich-
tenden Dementis ausgesetzt, als daß sie grobe Unwahrheiten hätte enthalten können.
Auch wird das Aktenstück von einem dem Kaiser feindlichen und dabei gut unter-
richteten Zeitgenossen gebilligt (Nr. 3). — Anders die Quelle 2. Sie ist der Brief
eines uns völlig unbekannten, für Alexander sehr begeisterten Mannes an diesen
Papst; der Briessteller war allerdings Augenzeuege, verließ indes schon späte-
stens am 28. Mai (S. 601) den Reichstag. Jedenfalls kann man a priori den Brief
jenem Aktenstück nicht an Autorität gleichstellen.