606 Kritische Erörterungen zum dritten Buche.
Kaisers Verlangen geschworen. Ich habe schon oben gezeigt, daß nach der überein-
stimmenden Angabe fast aller Quellen sämtliche deutsche Prälaten und Fürsten mit
wenigen Ausnahmen wirklich den Eid geleistet haben. Wir müssen also hierin der
Enzyllika beistimmen. Aber der Grund des Fehlers in dem Briefe läßt sich leicht
nachweisen. Der Anonymus hat sein Schreiben abgesandt, als erst die wenigen
mächtigsten Fürsten, die gewiß zuerst schwören mußten, den Eid geleistet hatten.
Wie später die anderen Fürsten hinzugetreten sind, das konnte er noch nicht wissen.
Soläßt sich diese Differenz ganz gut ausgleichen. — Der Eid der englischen Gesandten
endlich ist in dem Briefe viel genauer angegeben, als in der Enz.; doch auch in jenem
ist der Schwur nicht vollständig enthalten, und man muß dazu die Berichte der Eng-
länder selbst zurate ziehen.
Man sieht leicht, daß nach erfolgter kritischer Sichtung der Quelle 2 es nur
wenige allgemeine Momente sind, die noch von den Würzburger Vorgängen als zu-
verläsiig übrigbleiben. In ihre Einzelheiten vermögen wir mit dem jetzigen Matenial
die sicher höchst interessanten Verhandlungen des Reichstages nicht mehr zu ver-
folgen. Auf Schritt und Tritt begleitet den Forscher der Geschichte Friedrichs I.
das Bedauern, daß es nicht dem kundigen Diplomaten Otto von Freising oder
wenigstens Ragewin, der — freilich mit geringer Kraft — doch nach den besten offi-
ziellen Quellen arbeitete, verstattet war, ihre belehrenden und höchst wichtigen Werke
weiter fortzusetzen.
Über das Jahr endlich, in das der Würzburger Reichstag fällt, ist unter den
Quellen einiger Zwiespalt. Das Chr. Mont. Ser., p. 152, die An. Laub., p. 24 und
der Anhang zu Ragewin, die aber sämtlich überhaupt hier aller-
orten um ein Jahr voraus sind, geben 1166; ebenso die in der
Chronologie äußerst verwirrten Vita Gebeh., p. 46 (nach ihr wahr-
scheinlich die Continuntio Admuntensis M. G. Ss. IX, p. 583); die gleiche Zahl tragen
die Abdrücke des kaiserlichen Rundschreibens in allen alten deutschen Editionen,
während bei den nichtdeutschen die Jahreszahl ganz fehlt. Dagegen haben die
Chron. Regia Colon., p. 116. die An. S. Rudp. Salisb., p. 776 und vor allen die wich-
tigen, mit den kaiserlichen Urkunden fast ganz übereinstimmenden An. Reichersp.
p. 471 die Jahreszahl 1165. Könnte hiernach die Sache noch zweifelhaft sein, so wird
sie durch Urkunden vollständig entschieden. Der Aufenthalt des Kaisers zu Würz-
burg dauerte — abgesehen von jeder Jahreszahl — vom 22. Mai bis mindestens
zum 1. Juli (von diesem Tage sind die kaiserlichen Enzykliken datiert). Nun war
Friedrich wirklich am 14. Juni 1165 in Würzburg (Böhmer, Reg. Nr. 2503 St.
Nr. 4048); am 28. Mai 1166 ist aber der Kaiser nicht in Würzburg, sondern
in Frantfurt (Böhmer Nr. 2517). Außerdem stimmt auch das angegebene
Datum des Pfingsttages (23. Mai), an dem der Reichstag stattfand, nur
für 1165, nicht für 1166. — So steht das Jahr 1165 für den Würzburger Reichs-
lag fest.
Die 1500 Rilter von Friedrich von Schwabens Gefolge auf dem Würzburger
Reichstag bei Quelle 2 (s. oben k) werden wohl etwas überschätzt sein. — Ubrigens
erscheint Herzog Friedrich als Zeuge in einer Urkunde des Kaisers zu Würzburg,
aber ohne näheres Datum, und er selbst nimmt einen urkundlichen Tausch vor,
von dem es heißt: actum in presentia imperatoris Friderici et frequentia Curise
Wirziburgi habitae, cui intererant episcopi XXXII (wahrscheinlich
im Beginn der Kurie] a. regni eins XIIIIII sub papa Paschali et Heroldi Wirzi-
burgensis episcopi anno presulatus I. (Lang, Reg. Boica, p. 260, fälschlich unter
dem Jahre 11606).
Anfang Sommers schreibt Johann von Salisbury an Erzbischof Thomas von
Canterbury (Bouquet, Rec. XVI., p. 539): Coloniensis in partem adversariorum
eius (sc. ducis Saxoniael cedit, deficiens a societate, qduam cum duce Contrazerat.
— Helm., II, 103: Super hos omnes (sc. principes Henrico inimicos] Praepotens
ille Reinaldus Colon. archiepisc. et cancellarius imperatoris insidiatus est
duci) .. totus Consilio expugnationi ducis intentus. — Er vorzüglich verleitete
Hartwich von Bremen zum Abfall von dem Herzoge:; Helm., II, 104. — Der Kaiser
hatte sicherlich nichts mit der Verschwörung gegen Heinrich zu tun. Freilich uind zwei