608 Kritische Erörterungen zum dritten Buche.
VI.
Das Gespräch an der Eider 1166 ist wohl nicht zu bezweifeln: aber was sonst
Saxo Gram., p. 316 f. (ed. Steph.) erzählt, erscheint mir im hohen Grade verdächtig.
Ein Däne Gottschalk beredet mit Billigung Bischof Absalons die Pommern zum
Anschluß an Dänemark, zum Abfall von den Sachsen. Sie brechen in Obotritien ein
und nehmen Jlow. Darauf schickt Heinrich Gesandte an Waldemar, um die Freund-
schaft mit ihm wieder herzustellen, und verspricht Knut seine jüngere Tochter, da die
ältere schon gestorben ist. Zu Bremen verfehlen sich beide Fürsten, treffen sich aber
an der Eider. Hier beredet man sich zum gemeinschaftlichen Zuge gegen die Pom-
mern. Der Herzog belagert Demmin, der König Wolgast; doch betreiben sie mehr
die Verwüstung des Landes. Darauf geben die Slawen Geiseln und bitten um Frie-
den. — Gegen die ganze Erzählung erheben sich mannigfaltige Bedenken: 1. Bei den
deutschen Autoren findet man weder etwas von einem Einfalle der Pommern in
Obotritien noch von einem Zuge Heinrichs gegen Demmin um diese Zeit erwähnt.
2. Es ist ein großer innerer Widerspruch, daß zuerst das Faktotum Waldemars die
Pommern gegen die Sachsen aushegen läßt und unmittelbar darauf Waldemar sich
mit dem Sachsenherzog gegen seine Verbündeten vereinigt. 3. Was für eine jüngere
Tochter ist gemein? Heinrich hatte früher dem jungen Knut seine uneheliche Tochter
Mathilde verlobt (Krit. Erört. IV f), die später den Slawenfürsten Borwin heiratete
(das. IVa). Dann besaß er von Klementia noch Gertrud (die ältere Schwester), doch
diese war nicht gestorben, sondern hatte soeben den Herzog Friedrich von Schwaben
geheiratet (Krit. Erört. W). Ein Zug der Sachsen gegen Pommern im Herbst
des Iahres 1166 ist schon darum höchst unwahrscheinlich, weil bereits im Anfang
November dieses Jahres der Aufstand der sächsischen Fürsten beginnt (unten VIb
und c). 5. Im Frühjahr 1168 sind Kazimar und Boguslaw nur Untertanen Heinrichs,
nicht Waldemars (Helm., II, 108). — Ich geben zu, daß die Gegengründe nicht un-
bedingt konkludent sind, aber sie machen doch die Erzählung Saxos
im höchsten Grade unwahrscheinlich.
Über die Merseburger Fürstenversammlung sagt die Sächs. Weltchron., S. 226:
De [Heren in Hinricks landen] sammelden sick alle in Dudeschen landen tho
Merseborch und verbanden sick gegen Hinrioken. — Albert von Stade, S. 346,
setzt diese Versammlung in das Jahr 1168. Da er sie hier zusammenkommen und
egen den Herzog sich verschwören läßt, so scheint es mir richtiger, sie mit der Sächs.
eltchron. an das Ende des Jahres 1166 zu setzen.
Fast sämtliche Quellen setzen den sächsischen Bürgerkrieg in das Jahr 1167
(Chr. Mont. Ser., p. 152. — An. Pegav., p. 141. — Append. ad. Ragev., p. 278
(Schulausgabe). — Chr. S. Petri Erf., p. 184 zwar unter 1166, aber es ist das bei
ihnen = 1167). Aber fallen auch die Haupttaten in dieses Jahr, der Beginn des
Krieges muß schon im November 1166 stattgefunden haben. Denn am 27. Okkobet
wird das Kloster Reichersberg angegriffen, es bittet um Hilse, und der Herzog ant-
wortet (Text S. 342 Anmerk. *), duoniam occupatus erat publicis bellis oum Sarco-
nibus, würde er später zu ihnen kommen und ihnen dann Genugtuung verschaffen.
S#n KaK Pegav., p. 141 setzen übrigens den Anfang des Krieges gleichfalls in das
Hahr
Den Kampf Heinrichs mit Goslar berichtet Helm., II, 105. — Theod. Mon.
Palid., p. 93 spricht von einem Frieden, der von der Mitte des Jahres 1167 bis zum
Anfang des Jahres 1168 gewährt habe. Aber diese Nachricht ist schon darum wier
unrichtig, weil den Abschluß dieses Friedens Erzbischof Christian von Mainz und der
Herzog von Zähringen — die doch um diese Zeit in Italien waren — als kaiserliche
Legaten herbeigeführt haben und der Kaiser selbst in Deutschland sich aushalten
sollen. Die Erzählung bezieht sich unzweifelhaft auf die Ereignisse des nächsten Jahres.
Ich muß gestehen, daß der, in der von Heinemann, Albrecht der Bär, S. 47 sf.
veröffentlichten Urkunde von Heinrich dem Löwen gebrauchte Ausdruck dux Bro#s=
vigiae mich zuerst sutig machte und ich die Unechtheit der Urkunde befürchtete. 2
sie aber sonst — denn daß die Indiktion falsch angegeben ist, will nicht viel be euten