614 Kritische Erörterungen zum dritten Buche.
nam dux Hainricus de Saxonia, nepos suus, perfide ab eo recessit, sumpta exousa-
tione de excommunicatione, et forte acoepta pecunia. — Vitus Arenpeck (schrieb
am Ende des 13. Jahrhunderts; Leibniz Scr. Br. III, p. 673) mit wörtlicher Üüber-
einstimmung: Alexandria obsessa est ab imperatore Friderioo. In hac obsidione
imperator non profecit, nam Hainrious dux Bawariae et Saxoniae, nepos suis,
perfide vel potius religiose ab eo recessit, umpta excusatione de exoommunicoetione
imperatoris et schismate in ecolesia. Man erkennt in den Abweichungen sofort
die Verschiedenheit des welfisch gesinnten Arenpeck von dem staufischen Burchard. —
Annales Boji lib. VI. (ed. Francofurt 1627 p. 396): Casesar sexto Italiam petit,
Alexandriam obsidet, oppidum solo aequat. Henrious dux Boiorum et Saxoniae.
##u ibi cum quinque millibus equitum erat, corruptus pecunia suasu lordonis
uchsas ab imperatore amicino suco deficit, Oum omnibus coopiis suis absque
Commeetu ex castris discedens in Rhaetiam. — Die Sächsische Geltchronik S. 229:
De Kaiser vor do to Lauchbarden mit here De hertoghe Heinrich von
Brunswich II vorde och deme Keisere 15 hundert riddern over berch. Do he
weder varen wolde, de Keiser bat en bliven, unde he ne wolde. — Danach: Ancn.
Saxo, p. 110: Porro imperator profectus est in Lombardiam et Alexandriam obsedit,
Mediolanenses uero cum suis Coadiutoribus commiserunt cum eo proelium, et
contritus est imperator ab ei. Postes autem viribus resumptis denuo ciuitatem
opugnabat, qune se potestati eins tradidit. Dux Henricus de Brunswich mille
et quingentos milites per Alpes in adiutorium imperatoris adduxerat, cumque
redire disponeret eto. — Die Kaiserchronik) bald nach 1250 geschrieben; ed. Massmann
II, p. 540) v. 17, 363 ff.:
der waz geheizen Heinrich,
den vertreip keiser Friderich.
er reit von im ze Meilän,
sin huolde muose er vlorn hän. —
Die Reimchronik der braunschweigischen Fürsten (geschr. am Ende des 13. Jahrh.:
Leibniz, Sor. Br. III. p. 54 f.) erzählt dasselbe, wie Anon. Saxo, nur mit der Angabe,
daß nicht Alessandria, Eondern Mailand zerstört worden, woraus dann eine allgemeine
Konfusion der Jahreszahlen folgt. — Das Chronicon Brunsvicense picturatum (be-
endigt 1492; Leibniz. Ser. Br. III, p. 349) berichtet gleichfalls dasselbe, wie die
Reimchronik; doch führt es als Grund des Zornes Friedrichs auf Mailand eine der
Kaiserin von den Mailändern zugefügte Beleidigung an und gibt als Jahreszahl
der Zerstörung 1173. — Betrachten wir diese Quellen genauer, so ergeben sich bald
zwei Gruppen derselben: einmal das Chron. Urspergense und Vitus Arenpeck.
die aus einer Quelle, dem Burchardus in Vita Friderici, geschöpft haben; dann die
übrigen sechs Autoren, die der Sächsischen Weltchronik folgen und zum Teil das
abenteuerlichste Zeug erzählen. Was diese zweite Gattung betrifft, so dokumentiert
sie ihren kritischen Wert schon durch die totale Unkenntnis der Vorgänge des Jahres
1175. Die An. Boji und der Anon. Saxo lassen Alessandria, die Sächsische Welt-
chronik, die Braunschw. Reimchr. und das Chr. Brunsvic. pict. sogar Mailand selbst
erstören. Die Angaben dieser vier Schriftsteller dürfen also nicht auf ernste Berück-
scchtigung Anspruch machen. Es bleibt nur noch Burchard mit seinen Anhängern zu
widerlegen. Zuerst kann man gegen sie anführen, daß unter dem Heere des Kaisers
wohl Böhmen und Niederländer genannt werden (Card. Arag., p. 463; Annales
Maurimonasterienses, Böhmer Fontes III, p. 8; An. Placent. Guelf., p. 413; An.
Placent. Gib., p. 463; Cont. Gerlac. ab. p. 687), nie aber Sachsen, und von Bayern
nur zwei bestimmte Fürsten (s. Text S. 404). Zweitens sagen Otto Sanblas. cap. 23
p. 315: Sigeb. Cont. Aquic., p. 480, vor allem aber ein Brief Friedrichs an den
Patriarchen von Aquileja (Pez, Codex epistol. VI. I., p. 412) mit größter Bestimmt-
heit, daß der Kaiser mit Heinrich während des Feldzuges nur durch Gesandte ber-
kehrt habe. Drittens setzen es die Urkunden bei Sudendorf, Rgstr. II. p. 1521.;
Scheid, Or. Gu. III. p. 523 f.t: Mon. Boica III. p. 224 f. 461 aus dem Jahre 1174;
die Urkunde bei Scheid. Or. Gu. III. p. 529 und 532 = Lübecker Urkdb. II. 1, p. 15 fl.
aus dem Jahre 1175; die Kriegstaten des Herzogs in Sachsen während des Jahres 1125
außer allen Zweifel, daß Heinrich der Löwe während der beiden
Jahre 1174 und 1175 nicht in Italien gewesen ist. Natürich
ist von einem dortigen Aufenthalt in den Jahren 1176 und 1177 nicht die Rede.