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den wohl eine Anzahl internationaler Gesetze, aber es gab kein Mittel, die
Anordnungen dieser Gesetze zu erzwingen. Außerdem war die militärische
Lage schwankend infolge der Tatsache, daß weder die Grenzen der ver-
schiedenen Staaten noch ihre innere Einrichtung in Uebereinstimmung ge-
bracht werden konnten mit dem Streben der Rassen, aus denen die Bevöl-
kerung bestand und daß die Rassen nicht auf eine gerechtfertigte und sie
gleichstellende Behandlung rechnen konnten. Letzeres Uebel würde in hohem
Maße abgeschwächt werden, wenn die Alliierten die Aenderungen in der
Karte Europas, wie sie in der gemeinschaftlichen Note dargelegt werden,
dnrchführen könnten. Dies ist klar und ich habe deshalb längere Ausein-
andersetzungen hierüber nicht nötig. Es wird angeführt, daß die Verbannung
der Türkei aus Europa in dieses allgemeine Schema logischerweise nicht
passe. Die Beibehaltung des türkischen Reichs ist während einer Anzahl
von ftenerationen von Staatsmännern von großer Bedeutung als eine Haupt-
bedingung für die Aufrechterhaltung des europäischen Friedens angesehen
worden. Warum, so wird gefragt, soll nun diese direkte Umdrehung der
traditionellen Politik eingeführt werden? Die Antwort lautet, daß die Ver-
hältnisse sich vollständig geändert haben. Es ist jetzt nicht möglich, zu
erwägen, ob die Schaffung einer reformierten Türkei, die zwischen den feind-
lichen Rassen im nahen Osten gelegen ist, ein Plan war, der, wenn der
Sultan aufrichtig gewesen wäre und die Mächte einig, jemals hätte ver-
wirklicht werden können. Sicher aber ist es, daß er jetzt nicht verwirk-
licht werden kann.
Die Türkei „der Einheit und des Fortschrittes“ ist zum mindesten
ebenso barbarisch und viel aggressiver, als die Türkei des Sultans Abdul
Hamid war. In der Hand Deutschlands hat die Türkei aufgehört, selbst
dem Scheine nach ein Bollwerk des Friedens zu sein, und sie wird öffentlich
als ein Mittel der Eroberung benutzt. Unter Führung deutscher Offiziere
kämpfen nun Türken in Ländern, aus denen die Türken schon lange ver-
trieben sind. Die türkische Regierung, unter Aufsicht Deutschlands subsi-
diert und unterstützt durch Deutschland, hat sich in Armenien und Syrien
der Schlächterei schuldig gemacht, die furchtbarer ist, als sie jemals in der
Geschichte dieser unglücklichen Länder verzeichnet ist. Sowohl im Interesse
des Friedens als der Nationalitäten ist es nötig, der türkischen Regierung
die Herrschaft über fremde Rassen, wenn möglich, ein Ende zu machen, und
wir dürfen hoffen, daß die Verbannung der Türken aus Europa ebenso zu-
gunsten des Weltfriedens wirken wird, wie die Rückgabe Elsaß-Lothringens
an Frankreich, der Irredenta an Italien, sowie die weiteren territorialen
Aenderungen, die in der Note der Alliierten an Wilson angedeutet sind.
Es ist selbstverständlich, daß derartige territoriale Aenderungen, ob-
gleich sie die Möglichkeit eines Krieges verhindern, doch keine genügende
Garantie geben gegen neue Kriege. Wenn Deutschland, oder besser gesagt,
wenn diejenigen in Deutschland, die die öffentliche Meinung des Landes
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