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bloßzustellen ? Das heißt doch dem Feinde sagen: gib mir deine
Klinge, damit ich dich erschlagen kann, mit der meinigen vermag
ichs nicht.
Das Gebirge von Ungereimtheiten, welches der Gegner durch
seine gesamte Kriegspolitik vor sich aufgetürmt und in dichte
Lügennebel gehüllt hat, beginnt sich zu enthüllen und seine wil-
den Züge zu zeigen — eine Enthüllung nicht für uns im Vier-
bunde, denn wir wußten längst, was sich vorbereitete und wußten
von den einzelnen Vorbereitungshandlungen viel mehr, als der
Gegner ahnte und heute noch ahnt, eine Enthüllung nur für die
Fernstehenden, und wohl auch für die Mehrzahl der Zehnverbands-
mächte selbst.
Diese letzteren sind ja zu einer Interesseneinheit nur not-
dürftig und ganz äußerlich, teilweise sogar recht gewaltsam zu-
sammengeschlossen, das Gemeinsame ist ihnen nur die Raub- und
Gewinnabsicht am Leibe der Zentralmächte; im übrigen verfolgt
jedes von ihnen sein eigenes Ziel und achtet wenig dessen, was
der andre erstrebt. Was liegt England daran, ob Siebenbürgen
rumänisch oder ungarisch ist, was kümmert es Rumänien, ob das
Trento Österreichisch oder italienisch ıst, welches Interesse hat
Portugal an Kurland, Japan an Elsaß-Lothringen? Hütte England
so warmes Interesse daran, wie es vorgibt, daß Rußland ein
warmes Meer bekommt, weshalb nimmt es seinen Freund nicht
an den Persischen Meerbusen, der doch noch wärmer ıst als das
Dardanellenwasser? Und was kümmert es Rußland, ob Calaıs
englisch, deutsch oder französisch ist?
Nur die Entstehungsgeschichte des ganzen Raubbundes bringt
Licht in die causa dieser wilden Verbindung. Zuerst waren es nur
ihrer zwei, Frankreich und Rußland, die sich zu offensivem Bunde
zusammentaten, Frankreich mit dem Begehren, Elsaß-Lothringen
vom Deutschen Reiche loszureißen. Für die Hilfe, die ıhm Ruß-
land zu diesem Zwecke versprach, erbot es sich Rußland zur
Gegenhilfe bei dessen Balkaneroberungsplänen. Dann zeigten
sich deutsche Interessen in Kleinasien und eine Annäherung zwi-