Full text: Das Friedensangebot der Mittelmächte.

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bestochen werden sollte, in dem er sich in der erhabenen Mission des - 
Friedensvermittlers vor die Welt stellte, die dümmste, weil dieses Ver- 
fahren die moralische Schwäche des Gesuchstellers so deutlich zeigt, 
daß sie selbst für den Negerverstand eines englischen Schutzvolkes 
noch greifbar und erkennbar bleibt. Unter den Liebeswerbungen, 
welche England während dieses Krieges und vorher schon bei den 
neutralen Regierungen und ihren Völkern bei aufgepflanzten Schiffs- 
kanonen betätigt hat, ist diese wohl die schamloseste gewesen. 
Es fehlte nur, daß England bei dieser Gelegenheit seinen „Schutz“ 
angeboten hätte — etwa gegen das böse Mexiko oder das noch 
bösere Japan oder gegen das allerböseste, was es gibt, den preu- 
ßischen Militarismus. 
Noch ein Wort zu dem Zwischenspiel der Friedensnoten Wilsons, 
zu ihrem Widerhall und schließlichen Ausgang. Wilsons viel- 
leicht wohlgemeintes Angebot kam zu spät und zu früh. Es kam 
zu spät, denn das Angebot des kriegführenden Deutschen Kaisers 
war ihm zuvorgekommen. Es kam zu früh, denn seine Gedanken 
setzen den Friedensschluß voraus, sie sind in sich zusammengesun- 
ken durch die Ablehnung, welche das Angebot des deutschen Kaisers 
von den Feinden erfahren hat. Wohl suchte Wilson mit seinen 
Gedanken auch auf den Friedensschluß selbst einzuwirken, denn 
er forderte von den Kriegführenden Friedensbedingungen von der 
Art, daß sie es ihm und seinem Lande ermöglichen möchten, an 
künftigen, einen dauernden Friedenszustand sichernden Abmachun- 
gen eines allgemeinen Völkerbundes der Erde tätig teilnehmen zu 
können. Die Friedensbedingungen aber, die er aus Englands 
Munde zu hören bekommen hat, waren nicht geeignet, ihm solche 
Teilnahme möglich erscheinen zu lassen. Der Bund der Mittel- 
mächte hat sich gehütet, seine Friedensbedingungen anderwärts aus- 
zuplaudern, nachdem der allein zuständige Adressat, der Zehn- 
verband, sich geweigert hatte, dieselben auch nur anzuhören. Es 
ist deshalb auch für uns noch nicht an der Zeit, über die Gedan- 
ken Wilsons in Erörterungen einzutreten. Unreife Früchte bleiben 
besser auf ihrem Baume hangen. Und sind einige von ihnen durch
	        
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