Full text: Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts.

Aelteres Recht. §. 4. 7 
2) Es haftete daran die Reichsstandschaft, oder das Recht 
Sitz und Stimme auf dem Reichstage zu führen. Da der Kur— 
fürst übrigens außer dem Kurlande auch noch andere reichs- 
ständische Besitzungen hatte,) so saß er nicht bloß im Kurfürsten- 
collegium — er hatte hier das fünfte Votum —, sondern auch 
im Fürstenrathe — er führte hier sieben Stimmen und den Vor- 
sitz der weltlichen Bank.“) 
Im Innern übte der Kurfürst die meisten Regierungsrechte 
fast völlig unabhängig aus. So wurde insbesondere die Rechts- 
pflege nur von Landesgerichten verwaltet; eine Berufung an 
die höchsten Reichsgerichte war seit der Zeit, wo Bayern ein un- 
beschränktes privilegium de non appellande (1620) erhalten 
hatte, unzulässig. Nur wegen verweigerter oder verzögerter Ju- 
stiz konnte man Beschwerde bei den höchsten Reichsgerichten führen.5) 
Was Bayerns Stellung im bayerischen Kreise betrifft, 
so war der Kurfürst zugleich mit Salzburg kreisausschreibender 
Fürst, d. h. beide beriefen gemeinschaftlich die Kreisstände, und er 
führte abwechselnd mit Salzburg das Directorium des Kreistages. 
Die Stelle des Kreisobersten kam dem Landesherrn von Bayern 
ausschließlich zu. — Auf dem schwäbischen Kreistage besaß Bayern 
(wegen Wiesensteig und Mindelheim) zwei Stimmen. 
Die Pflichten gegen das Reich haben nichts Eigenthüm- 
liches. Der Kurfürst war dem Kaiser als seinem Lehenherrn un- 
tergeordnet, und hatte die auf der Reichsverfassung beruhenden 
Pflichten und Lasten zu tragen. Dahin gehört denn insbesondere: 
1) Die Stellung des Contingents zur Reichsarmee, 
das im Jahre 1770 nur 1555 Mann betrug.é) 
2) Die Zahlung der ordentlichen und au ßerordentlichen Bei- 
träge zur Deckung der Bedürfnisse des Reichs. Beiträge der 
":) Welches diese waren, darüber vergl. Feßmaier, a. a. O. g. 213. 
4) Ueber das Erbtruchsessenamt das sich in der landesherrlichen 
Familie vererbte, s. Kreittmayr, a. a. O. J. 118; über die Pfalz- 
grafschaft bei Rhein a. a. O. S. 119. 
5) Vergl. Cammer-Ger.-Ordn. von 1555, II. Tit. 26 S§. 1 und 2 
und J. R. A. S. 109. 
6) Vergl. Kreittmayr, a. a. O. F. 133.
	        
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