12 Einleitung. 8. 7.
Recht gesteht nämlich das Recht der Siegelmäßigkeit nicht bloß
den Adeligen, sondern auch einer Mehrzahl anderer Personen, ins—
besondere den Doctoren der Rechte, Medicin und Theologie, den
Oberofficieren, den Priestern, den meisten Staats- und Hofdienern,
den Patriciern und den Bürgermeistern in den Hauptstädten zu,
und hat dem Rechte des eigenen Siegels und Wappens noch be—
soudere Rechte hinzugefügt, welche dem Siegelmäßigen einerseits
ein gewisses Maß von öffentlichem Glauben verliehen und ihm
anderseits gewisse Freiheiten sicherten. Die Siegelmäßigen konn—
ten nämlich:
a) solche Acte, bei denen sonst die obrigkeitliche Briefserricht-
ung oder Protokollirung erfordert ist (wie z. B. Kaufver-
träge über Immobilien, Eheverträge 2c.), bloß durch eigene
Fertigung und Siegelung vollziehen;
b) einer Privaturkunde die Kraft einer öffentlichen verleihen,
wenn sie von zwei Siegelmäßigen oder einem Siegelmäßigen
und zwei Zeugen unterzeichnet ist. Sie genossen ferner
I) einen befreiten Gerichtsstand vor den Landes-Dikasterien;
d) bei Gantfällen das beneticium competentiae;
e) die Begünstigung, nur auf besonderen Befehl des Landes-
herrn verhaftet werden zu können;
f) die Befreiung von der peinlichen Frage u. s. w.5)
In dieser Ausdehnung galt das Institut bis zum Jahr 1818,
da die Bedingung,) unter der es durch Verordnung vom 20. April
180810) aufgehoben wurde, nicht eintrat. — Die Beilage VIII
zur Verfassungsurkunde hat dasselbe in veränderter Gestalt auf
das ganze Königreich ausgedehnt (s. unten §. 10).
8. 7.
c) Vom Landesherrn und dessen Rechten.
Die Landeshoheit in Bayern war auf Grund der Verleihung
des Herzogthums an Otto von Wittelsbach im Jahre 11801) erb-
5) Vergl. das Nähere in den Annot. ad Cod. bav. civ. p. V. c. 22. S. 16.
?) Einführung eines neuen allgemeinen Civil= u. Proceßgesetzbuches nämlich.
10) S. Regierungsblatt v. 1809 S. 115 ff.
1) Ueber den Umfang des kaiserlichen Lehens s. Buchner, Geschichte
von Bayern Bd. V. S. 10 und 11.