Full text: Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts.

Quellen und Hilfsmittel. 8. 18. 37 
lasse, welche sich auf staatsrechtliche Gegenstände, wie z. B. auf 
den Vollzug der Reichs- und Landesverfassung beziehen. — Die 
Vorbedingungen der Gültigkeit der einen und der andern Art von 
Vorschriften werden später erörtert werden. 
5) Die Staatsverträge, sie mögen vor oder nach Er- 
lassung der Verfassungsurkunde entstanden sein, wenn und soweit 
sie in Bayern publicirt sind.5) 
Daneben kommt noch 
6) das Gewohnheitsrecht, d. i. der Inbegriff der Staats- 
rechtsnormen in Betracht, welche aus dem durch Handlungen ge- 
offenbarten Willen jener öffentlichen Organe hervorgehen, welchen 
das Recht zustünde, dieselben Normen ausdrücklich festzusetzen. Im 
bayer. Verfassungsrechte (im formellen Sinne) ist aber 
mit Rücksicht auf Verfassungsurkunde Tit. X. §. 7 das deroga- 
torische Gewohnheitsrecht ausgeschlossen.1o) Dagegen ist es, weil 
nicht ausgeschlossen, als zulässig zu erachten, daß sich eine Usual- 
Interpretation der Verfassungsbestimmungen bilde, oder daß das 
Gewohnheitsrecht die Lücken ergänze, welche die Verfassungsur- 
kunde gelassen hat.u#) 
Die Analogie ist keine Rechts quelle, sondern lediglich 
ein Mittel, um aus schon vorhandenen Quellen Rechtssätze zu 
gewinnen. Diese fließen nicht aus der Analogie, sondern durch 
sie aus andern Quellen, sie kann daher auch nicht Quelle ge- 
nannt werden. Dasselbe gilt von der Natur der Sache. 
") Vergl. Dr. G. M. Kletke, die Staatsverträge des Königr. Bayern 
in Bezug auf Justiz-, Polizei= u. a. Angelegenheiten. Von 1806—1858. 
Regensburg 1860. 8. 
10) Vergl. R. v. Mohl Staatsrecht des Königreichs Württemberg Bd. J. 
S. 75 ff. — Ohne diese Beschränkung gilt das Gewohnheitsrecht als Quelle 
im Verwaltungsrechte. 
11) In Bezug auf Punkte, bei welchen die Verf.-Urkunde selbst auf den 
Usus Bezug genommen hat (vergl. z. B. Beil. VI. 8§. 11 und 12), versteht 
sich dieses von selbst; aber auch wo dieses nicht geschehen ist, muß die Er- 
gänzung ans dem Gewohnheitsrechte gestattet sein. Uebrigens können die 
demselben entnommenen Sätze nicht ein formelles Verfassungsrecht begründen; 
sie gehören nur ihrem Inhalte nach zu unserer Disciplin, eben so wie die 
Vorschriften einfacher Gesetze, wenn ihr Gegenstand für die Staatsverfassung 
unmittelbar oder mittelbar wichtig ist.
	        
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