Full text: Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts.

38 Einleitung. §. 19. 
Beide Institute sind Behelfe der Rechtswissenschaft, um die vor- 
handenen Quellen ihrem Geiste entsprechend anzuwenden und 
fortzubilden. Ebenso sind die Ansichten der Gelehrten als solche, 
oder der Parallelismus oder das allgemeine, sogenannte natürliche 
Staatsrecht für unsern Gegenstand nicht eine Quelle, sondern 
Hilfsmittel. 
S. 19. 
b) Von der Verfassungsurkunde, ihrer Entstehung und Fort- 
bildung insbesondere. 
1) Zur Ausführung des k. Erlasses vom 17. September 1814 
(§. 13) ward im Oktober 1814 eine besondere Commission von 
Staatsmännern niedergesetzt, die den Entwurf einer Verfassungs- 
urkunde ausarbeitete. Dieser Entwurf wurde, nachdem die Sache 
einige Zeit geruht hatte, von dem im Jahre 1817 eingesetzten 
Staatsrath wiederholt berathen und erörtert. Als Ergebniß die- 
ser Berathungen publicirte der König am 26. Mai 1818 die 
Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern.1) Sie ist 
mit Rücksicht auf diese ihre Entstehung eine octroyirte, mit 
Rücksicht auf ihren Inhalt eine Constitution im engern Sinne 
des Wortes. 
2) Für die Fortbildung der Verfassung hat die Verfassungs- 
urkunde selbst die Form vorgezeichnet (Tit. X §. 7). Die Aen- 
derungen und Zusätze, welche sie unter Beobachtung dieser Form 
seit 1818 erfahren hat, kann man füglich Verfassung sno- 
velle nennen.2) Dieselben theilen sich rücksichtlich ihres Inhaltes 
und ihres Verhältnisses zur Verfassungsurkunde in zwei Gruppen. 
1) Vergl. die Einleitung zu meiner Sammlung der bayer. Verfassungs- 
gesetze II. A. u. Lerchenfeld, a. a. O. S. 71 ff., wo (S. 73 ff.) der 
Hauptinhalt des Entwurfs von 1815 mitgetheilt ist; eine Vergleichung des 
Inhalts der Verf.-Urk. mit dem älteren Staatsrechte s. ebend. S. 126 ff. 
2) Ueber den Begriff eines Verfassungsgesetzes, der sich auf Tit. X. 
S. 7 der Verf.-Urkunde gründet, und dessen Wirkung sich auch in Tit. VII. 
§. 21 äußert, besteht insoferne eine Meinungsverschiedenheit, als ein Theil 
der Ausleger hiezu in allen Fällen eine ausdrückliche Erklärung des Gesetz- 
gebers fordert, während ein anderer Theil solchen Gesetzen, welche eine Ab- 
änderung von Verfassungsbestimmungen enthalten, also bestehende Normen.
	        
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