Full text: Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts.

Quellen und Hilfsmittel. 8. 20. 41 
§. 20. 
e) Von dem rechtlichen Verhältnisse dieser Quellen zu einander. 
Was das Verhältniß der verschiedenen Quellen zu einander 
betrifft, so hat das ungeschriebene Recht da, wo es überhaupt 
Anwendung findet (8. 18, 6), gleiche Kraft mit dem geschriebenen 
Rechte. Unter den Quellen des geschriebenen Rechts gibt 
a) vor allen anderen das Reichsrecht — der Inbegriff 
der Bestimmungen der Reichsverfassung und der in ver— 
fassungsmäßiger Weise erlassenen Reichsgesetze — Maß; das- 
selbe geht den Landesgesetzen aller Art vor.) 
b) Unter den landesrechtlichen Quellen nimmt die Verfassungs- 
Urkunde den ersten Rang ein; sie hebt alle ihr entgegen- 
stehenden frühern Gesetze und Verordnungen auf.?) Be- 
ziehen sich diese auf Gegenstände, welche die Verf.-Urkunde 
gar nicht berührt, so sind sie, wenn sonst kein Grund 
vorliegt, der ihrer Anwendbarkeit entgegensteht, als noch 
fortbestehend zu erachten. Dieß gilt denn namentlich auch 
von den Gesetzen des deutschen Reiches, von der Rhein- 
bundacte und von dem Recht des deutschen Bundes.3) 
c) Die Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde selbst ver- 
stimmungen der Verf.-Urkunde versucht haben, sind: Meine Sammlung der 
bayer. Verf.-Gesetze, München (Palm) 1852, II. Aufl. 1869 und ein Suple- 
ment hiezu, München 1872, ein II. München 1877; und K. Brater, 
die Verfassungs-Urk. des K. Bayern und die Verfassungs-Edicte in ihrem 
gegenw. Bestande, IV. A., besorgt von G. Pfeil. Nördl. 1872; die erstere 
umfaßt übrigens nicht bloß die formellen Verfassungs-Gesetze. 
1) S. die Reichs-Verf. Art. 2; dasselbe hebt sonach alle älteren landes- 
gesetzl. Vorschriften über den betreffenden Gegenstand auf und schließt die 
Erlassung neuer Vorschriften desselben Betreffs aus. 
2) Anders in der Pfalz, indem der König in dem Publicationspatent 
der Verf.-Urkunde, das er für die Pfalz erließ (vergl. den oben §. 18, 2 angef. 
k. Beschl. v. 5. Oct. 1818), erklärte, dieselbe solle hier nur insofern Gültigkeit 
haben, als die dem Lande garantirten Institutionen deren Anwendung und 
Ausführung gestatten. Es gehen sonach hier die betrefsenden älteren Gesetze 
der Verfassungs-Urkunde vor. 
3) Die Beschlüsse der Bundesversammlung als des Organs des a. d. 
Bundes erlangten in Bayern nur dann verbindl. Kraft, wenn und soweit 
sie als Landesgesetze und Landesverordnungen verkündet wurden.
	        
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