Full text: Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts.

VIII Vorwort zur fünften Auflage. 
sich auf der Grundlage der Reichsverfassung und der bis jetzt zu 
Stande gekommenen Reichsgesetze gebildet und entwickelt hat, in 
systematischer Ordnung darzustellen, ist der Zweck und die Auf— 
gabe dieses Buches. Ob es dem Verfasser gelungen sei, diese 
Aufgabe zu lösen, muß er dem Urtheil des Lesers überlassen. 
Das kann er jedenfalls mit voller Wahrheit versichern, daß er 
sich der Schwierigkeiten der Aufgabe und der Unvollkommenheit 
seiner Leistung vollkommen bewußt ist. Diese Schwierigkeiten 
liegen aber nicht blos in der Neuheit, dann in dem Umfang und 
der Mannigfaltigkeit des Rechtsstoffes des neuen Reichsrechts, der 
sowohl für sich als in seinen Wirkungen auf die früheren Rechts— 
verhältnisse der Einzelstaaten zu untersuchen und darzustellen ist, 
sondern auch in dem Inhalte und der Fassung mancher Reichsgesetze. 
Dieselben stehen nämlich nicht immer in dem wünschenswerthen 
Einklang mit den älteren und den gleichzeitigen Gesetzen, obwohl 
die Absicht des Gesetzgebers nur dahin ging, sein Werk fortzu— 
setzen, nicht zu ändern; ja es kommt vor, daß ein und dasselbe ein— 
zelne Reichsgesetz kein einheitliches und harmonisches Ganzes bilde, 
sondern in sich gespalten ist, so daß es nicht selten schwer fällt 
zu entscheiden, ob eine bestimmte Vorschrift als Regel oder als 
Ausnahme von der Regel des Gesetzes zu betrachten sei, und wenn 
das letztere anzunehmen ist, wie weit die Ausnahme Geltung habe. 
Auch in Bezug auf Präcision und Klarheit der Fassung lassen 
sich an nicht wenigen Reichsgesetzen begründete Ausstellungen 
machen. — 
Diese unsere Bemerkung darf jedoch nicht so gedeutet werden, 
als ob der Verfasser den Stimmen derjenigen sich anschlösse, welche 
bei jedem Tadel, den sie einem neuen Reichsgesetze gegenüber, sei 
es mit oder ohne Grund erheben zu müssen glauben, sofort mit 
Revisions= und Aenderungsanträgen zur Stelle sind, und die so 
Bayerns beständen und als ob sie ohne gerechten Grund in die Reichsver- 
fassung Aufnahme gefunden hätten. Wir können ein solches Verhalten weder 
für politisch noch für juristisch richtig erklären, und wollen hier nur daran 
erinnern, daß die Rechte des Bundespräsidiums, des Bundesfeldherrn u. s. w. 
doch wohl auch nichts Anderes seien, als Sonderrechte Preußens, die wir 
nicht anfechten wollen, sondern in den thatsächlichen Verhältnissen begründet 
finden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.