Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 85 a. Gesetz „die Hundesteuer betr.". 385 
Für Weiler, Einöden und einzelnstehende Anwesen beträgt die 
Gebühr ohne Rücksicht auf den Gemeindeverband ?) drei Mark. 
Im Sinne dieses Gesetzes ist eine Einöde 10) oder ein einzeln- 
stehendes Anwesen eine menschliche Wohnung, 11) welche von jedem 
bewohnten fremden 12) Gebäude über einhundert Meter 12) entfernt ist, 
erreicht: über diesen Zweck hinaus erscheint uns daher eine Besteuerung, 
welche nur Einzelne trifft, als nicht zulässig. — Im Gegenteil dürfte sehr 
wohl in Erwägung gezogen werden, ob nicht Hunde, welche zum Gewerbebetriebe 
absolut nötig sind oder sonst als Bedarfshunde anerkannt werden müssen, noch mit 
geringeren Gebühren, als jetzt der Fall ist, belegt werden sollten. 
*) Die Einwohnerzahlen werden aus dem vom kgl. statistischen Bureau in 
München herausgegebenen Ortschaftenverzeichnisse entnommen. S. hiezu Näheres 
Graf, Comm. S. 15 ff. Ziff. 11 bis 15 zu Art. 1 des Gesetzes. 
") Wohl aus rein sicherheitspolizeilichen Gründen soll bei Weilern, Einöden 
und einzelnstehenden Anwesen gar nicht in Betracht gezogen werden, welche Ein- 
wohnerzahl die Gemein de hat, zu welcher die betr. Einöde rc. gehört (s. Anm. 6). 
So muß z. B. ein einzelnstehendes Haus in München, welches nach allen Seiten 
hin von Gebäudegruppen mindestens 100 Meter in der Luftlinie entfernt liegt, 
bezw. der in einem solchen Hause gehaltene Hund gleichfalls nach dem Satze von 
3 Mark behandelt bezw. besteuert werden, nicht nach dem von 15 Mark. 
10) Als Einöde, d. h. mit dem Gebührensatze von 3 Mark, ist auch eine 
Gruppe von Gebäuden oder ein einzelnstehendes Haus, welches weniger als 
100 Meter von anderen Häusergruppen entfernt liegt, dann zu behandeln, wenn 
und solange diese Häusergruppe faktisch als „Einöde“ in dem amtlichen Ortschaf- 
tenverzeichnis benannt und daher als solche von den Behörden der inneren Ver- 
waltung auch anerkannt ist. (Vergl. Graf, Commentar Ziff. 19 zu Art. 1 S. 21.) 
!!) Unter „einer menschlichen Wohnung“ ist ein zum ständigen Aufent- 
halt von Menschen dienendes und hiezu bestimmtes Wohngebäude zu verstehen, 
ohne Rücksicht darauf, ob nur einc oder ob mehrere Familien in demselben wohnen, 
also ob eine oder mehrere Wohnungen in demselben sich befinden; doch darf nur 
ein Wohngebäude gegeben sein. Sind zwei oder mehr Wohngebäude neben 
einander (d. h. in einem Abstande von weniger als 100 Metern von einander) 
vorhanden, so ist der Begriff der „Gruppe“ von Wohngebäuden gegeben. Eine 
solche Gruppe erscheint im Sinne des Gesetzes so lange als „Weiler"“ und fällt 
unter den 3-Mark-Satz, als ihre Einwohnerzahl die Summe von 300 Seelen nicht 
übersteigt. Steht also z. B. ein Fabrikarbeiterwohnungsgebäude mehr als 100 
Meter von allen übrigen Wohngebäuden ringsum entfernt, so ist es eine „Einöde" 
im vorliegenden Sinne und fällt unter den 3-Mark-Satz, auch wenn mehr als 
300 Personen in demselben wohnen. Sobald aber in einer Entfernung von weni- 
ger als 100 Metern ein zweites Wohngebäude gebaut wird, und es übersteigt die 
Einwohnerzahl dieser beiden Gebäude zusammen das dritte Hundert, dann 
kommt der 6-Mark-Satz zur Anwendung; betragen dagegen die Gesamteinwohner 
dieser beiden Wohngebäude nicht mehr als 300, dann werden dieselben zusam- 
men als „Weiler“ unter den 3-Mark-Satz gebracht. 
*2) Diese Entfernung ist von der Hausthüre des einen Wohn gebäudes 
zur Hausthüre des anderen Wohngebäudes zu messen; natürlich, soweit beider- 
seits Gruppen in Betracht kommen, immer von der Hausthüre derjenigen Wohn- 
gebäude, welche je von beiden Gruppen sich am Nächsten liegen. Unbewohnte 
Gebäude kommen nicht in Betracht. 
Weiter wird nicht nach der Luft linie gemessen, sondern nach dem nächsten 
Fuß= oder Fahrwege, welcher für den Verkehr von dem einen dieser Gebäude zum 
anderen beuutzbar ist. Ein verbotener Weg kann also nicht in Rechnung 
gezogen werden, es müßte denn sein, daß er für die sämtlichen Bewohner der 
Pohl, Handbuch. I. 25
	        
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