§ 21. Der Reichsfiskus, Reichsvermögen und Reichsschulden. 61
ren ergeben sich durch die laufenden Kosten der Verwaltung und
werden bis zum Anfall entsprechender Einnahmen und zur Deckung
durch dieselben innerhalb der Etatsperiode in der Regel durch Schatz-
anweisungen, zu deren Verausgabung bis zu einer gewissen Höhe der
Reichskanzler im Etatsgesetz ermächtigt wird, gemacht. S. z. B.
Etatsgesetz vom 29. März 1896 (Reichs-Ges.-Bl. 96), in dessen § 3
„der Reichskanzler ermächtigt wird, zur vorübergehenden Verstärkung
des ordentlichen Betriebsfonds der Reichs-Haupt-Kasse nach Bedarf,
jedoch nicht über den Betrag von 175 Millionen Mark hinaus,
Schatzanweisungen auszugeben,“ ferner Laband 2, 836. Diese Schul-
den sind keine Schulden im wahren Sinne des Wortes. Wirkliche
Reichsschulden, von denen der Art. 73 der Reichsverfassung handelt,
sind die sog. Finanzschulden, das sind die Reichsanlehen und die
Reichsgarantien. 4) Nach Art. 73 der Reichs-Verf. kann in Fällen
eines außerordentlichen Bedürfnisses im Wege der Reichsgesetzgebung
die Aufnahme einer Anleihe, sowie die Uebernahme einer Garan-
tie zu Lasten des Reiches erfolgen.
Unter diesen Art. 73 fällt auch die Ausgabe von Papiergeld
oder von sog. Reichskassenscheinen, welche gleichfalls nur auf Grund
eines Reichsgesetzes erfolgen kann. S. hiezu Gesetz vom 31. Mai
1891 das Reichsschuldbuch betr. Web. 20, 622 f. mit Vollzugs-
bestimmungen vom 27. Jannar 1892, Web. 21, 128 ff.; M.-E. vom
5. März 1892 Web. 21, 157 f. und M.-E. vom 7. April 1892
Web. 21, 236; ferner Gesetz vom 30. April 1874: Ausgabe von
Reichskassenscheinen Web. 10, 274 f. und 274 Anm. 1 und 2, ferner
Min.-Bek, vom 17. Januar 1875 gleichen Betreffs Web. 10, 559 f.
und 559 Anm.
Ueber Verwaltung der Reichsschulden und Aussicht auf diese
Verwaltung seitens der Reichsschuldenkommission s. oben unter
Reichs-Finanzbehörden. Im Uebrigen s. über Reichsschulden und
Reichsbürgschaften Laband 2, 834—844 und spez. über Reichs-
kassenscheine Laband 2, 171.
Hieher sei aber noch bemerkt, daß das Reich prinzipiell sich
dahin schlüssig gemacht hat, nun auch an die Wiederheimzahlung der
gemachten Reichsanlehen zu gehen, indem zugleich durch Reichsgesetz
vom 16. April 1896 (Reichs-Ges.-Bl. 103) bestimmt wurde: „Ueber-
steigen im Etatsjahr 1896/97 die den Bundesstaaten zustehenden
Ueberweisungen aus den Erträgen an Zöllen, Tabaksteuer, Brannt-
weinverbrauchsabgabe und Zuschlag zu derselben, sowie an Reichs-
stempelabgaben für Wertpapiere 2c. 2c. die aufzubringenden Matri-
kularbeiträge, so ist die Hälfte des Ueberschusses zur Verminderung
der Reichsschuld zurückzuhalten. 1 1
Die Verminderung der Reichsanleihe erfolgt durch entsprechende
Absetzung vom Anleihesoll. Soweit geeignete Anleihekredite nicht
1!) Z. B. Garantie der ägyptischen Anleihe durch Gesetz vom 14. Novem-
ber 1886.