§ 95. Die Gemeindebürger, deren Rechte und Pflichten. 109
Verleihung desselben hat. Auch setzt die Bürgerrechtsverleihung nach
Art. 12 voraus, daß der Beteiligte ein Ansuchen hierauf gestellt hat.
Im Gegensatze hiezu ist jeder zum Bürgerrechtserwerb (gemäß
Art. 11) Befähigte nach Aufforderung der Gemeindeverwaltung zur
Erwerbung des Bürgerrechtes verpflichtet, soferne bei ihm die
Voraussetzungen des Art. 17 der Gem.-Ordn. gegeben sind.
Kein Erfordernis eines Ansuchens seitens des Beteiligten einer-
seits, aber auch kein Anspruch auf Verleihung, desgleichen keine Ver-
pflichtung zur Annahme andrerseits besteht bezüglich des Ehren-
bürgerrechtes, welches die Gemeindeverwaltungen nach Art. 24
ganz nach freiem Willen volljährigen und selbständigen Männern zu
verleihen berechtigt sind. —
Wie bereits gesagt, steht es den Gemeinden nicht zu, frei für
sich zu bestimmen, wen sie als befähigt zum Baürrgerrechts-
erwerb erachten wollen. Der Begriff der Befähigung ist vielmehr
durch Art. 11 der Gem.-Ordn. gesetzlich festgestellt. Diese Be-
fähigung ist an sechs Voraussetzungen geknüpft, welche zur Zeit
der Verleihung sämtlich und gleichzeitig gegeben sein müssen
(bezw. behufs Erlangung der Rechtswirksamkeit für die bereits erfolgte
Verleihung noch nachträglich zu erfüllen sind, wie z. B. der Erwerb
der bayer. Staatsangehörigkeit bei Verleihungen an Nichtbayern nach
Art. 14). — Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist die Verleih--
ung nach Art. 12 der Gem.-Ordn. rechtsunwirksam, soferne nicht
die Voraussetzungen des Art. 15 gegeben sind, durch welche solchen
Falles die Erfordernisse des Art. 11 ersetzt werden.
Die Bedingungen nun, unter welchen jemand als „befähigt zum
Bürgerrechtserwerb“ im Sinne des Art. 11 erscheint, sind:
1) Männliches Geschlecht. Die Bürgerrechts-Verleihung
nach Art. 12 kann nur an Männer erfolgen. Frauen
können dagegen das Bürgerrecht verliehen erhalten, wenn
sie (Art. 15) die deutsche Reichsangehörigkeit 5) und in der
betr. Gemeinde ein besteuertes Wohnhaus besitzen oder mit
direkten Steuern mindestens in demselben Betrage wie einer
der drei höchstbesteuerten Einwohner dieser Gemeinde ange-
legt sind. .
2) Volljährigkeit. Nach § 2 des bürgerlichen Gesetzbuches
tritt — wie seither — die Volljährigkeit mit der Vollend-
ung des 21. Lebensjahres ein.) Z
3) Selbständigkeit.7) Selbständig im Sinne dieser gesetz-
lichen Bestimmung ist jeder, welcher nicht unter die Aus-
nahme des Abs. II Ziff. 1 und 2 des Art. 11 fällt, also
jeder, welcher
*!) Vergl. Anm. 90 zu § 95 a.
*) Siehe hiezu Anm. 9 in § 95 a zu Art. 11 der Gem.-Ordn.
“) Siehe hiezu Anm. 10 sowie 19—27 in § 95a zu Art. 11 der Gem.-O.