Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

120 8 95a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 10. 
Bedeutung ebenso wie der Eintrag in das Gemeindebürgerverzeichnis"), welche 
Urkunde bezw. Eintragung als Beweismittel für den Besitz des Bürgerrechtes 
zu dienen vermögen, da ja die Bürgerrechtsverleihung nicht vermutet wird, son- 
dern im Bestreitungsfalle nachgewiesen werden muß. (S. jedoch hiezu Art. 20 
Abs. I/) des Verw.-Ger.-Hofs-Ges.) S. auch Anm. 38 sowie 118. 
Erfolgt der Bürgerrechtserwerb (z. B. nach Zurückweisung des Antrages 
auf Verleihung) auf Grund eines behördlichen Beschlusses, — s. Anm. 3 — 
so treten die Wirkungen des Bürgerrechtes in der Regel schon mit dem 
Momente ein, in welchem der Antrag auf Entscheidung bei der betr. Behörde 
d. h. die verwaltungsrechtliche Klage gestellt wurde bezw. in Einlauf gelangte: es 
müßte denn sein, daß die Voraussetzungen des Erwerbsanspruches (Art. 13 und 15) 
oder der Erwerbspflicht (Art. 17) erst im Laufe des Verfahrens erfüllt 
wurden. Vergl. Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 6. Juni 1888 Bd. 10, S. 67 
bis 69 Nr. 6 Abs. 1, 2 und 3 in Anm. 6 lit. b. 
5) Was die Frage der Zuständigkeit und des Verfahrens anbelangt, so 
ist genau zu unterscheiden, ob es sich um eine Verleihung des Bürgerrechts seitens 
der Gemeinden handelt, welche vollständig im freien Ermessen derselben liegt 
(s. § 95 S. 107) oder ob eine Entscheidung auf einen Antrag in Frage ist, 
welcher sich auf die durch das öffentliche Recht (Gemeindeordnung) garantierten 
Rechte oder bezw. auferlegten Pflichten gründet. Ersteren Falles — im Falle 
der Verleihung nach freier Erwägung — ist selbstverständlich das Verwaltungs- 
rechts verfahren ausgeschlossen (vergl. Art. 13 Abs. I Ziff. 3 und Abs. II des 
Gesetzes über den Verw.-Ger.-Hof). Dagegen sind als Verwaltungsrechts sachen 
erklärt: alle bestrittenen Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten in Bezug auf: 
a. Gemeindebürgerrecht und Heimatrecht, sowie Stimmrecht in 
Gemeindesachen.“) 
Nach den Motiven fällt unter diese Ziff. 26 „sowohl die Frage des 
Besitzes als die des Erwerbes (des Bürgerrechts), und zwar 
ebensowohl das Recht (Anspruch auf Bürgerrechtserwerb) als die 
Verpflichtung (Art. 17 der Gem.-Ordn.) zum Erwerbe, dann auch 
die Frage des Verlustes des Bürgerrechtes (Art. 10—18 und Art. 
201 Abs. I der Gem--Ordn.) Andrerseits aber fallen — mit Aus- 
nahme des „Stimmrechtes in Gemeindesachen“ — die nach dem Art. 19 
der Gem.-Ordn. aus dem Bürgerrechte sich ergebenden Rechte und 
Pflichten nicht unter Art. 8 Ziff. 26, wohl aber je zum Teil unter Art. 8 
Ziff. 27, 28, 29, 30, 31, 33 und 35 des Verw.-Ger.-Hofs-Gesetzes. 
Vergl. v. Kahr S. 154 f. Ueber den Instanzenzug s. nachstehende 
Anm. 5a. 
b. Bürgeraufnahms-Gemeinderechts= und Heimatgebühren. Art. 8 
Ziff. 27 I. c. s. Amm. zu Art. 20 der Gem.-Ordn. Ueber den In- 
stanzenzug s. Anm. 5a. 
5a) Bezüglich des Instanzenzuges ist im einzelnen zu bemerken: 
A. zu Art. 8 Ziff. 26 des Verw.-Gerichts-Hofs-Gesetzes. 
1) Streitigkeiten über den Besitz bezw. den Verlust des Bürger- 
rechtes entscheiden: 
· ’«·)UeberdieGenieinbebürgersVerzoichnisse»undyiehiezuzuverwendendenFormulares. 
Min.-E.vom31.0ttober1837,,VollzugdesGememdeedtktsbetr.«(»Web.3,107).Dashierge. 
gebene Formular kann auch heute noch benutzt werden. 
**) „Die Feststellüng des Sachverhaltes in Verwaltungsrechtssachen erfolgt von Amts. 
***) Das „Stimmrecht in Gemeindesachen“ ist stets bedingt von dem Vorhandensein des 
Bürgerrechts. Eine Ausnahme hievon statuiert jedoch Art. 47 Abs. III der Gem.-Ordn. 
Siehe hiezu auch v. Kahr S. 156, ferner Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 6. März 1885 
Bd. 6, 80: Zur Bescheidung von Beschwerden gegen Verfügungen, mit welchen Magistratsratsmit.- 
glieder zu einer Abstimmung in einer Gemeindeangelegenheit angehalten werden, ist der kgl. Ver- 
waltungsgerichtshof nicht zuständig. 
wegen.“
	        
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