124 8 95a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 11.
Als selbständig sind nicht zu erachten: 19)
1) Personen, welche auf Grund richterlicher Verfügung unter
Kuratel stehen; 20)
Vergl. hieher auch die Entsch. des Bundesamts für Heimatsachen vom
21. April 1888 (Reger, Entsch. Bd. 9 S. 33 f.): „Aufenthaltsort“ eines Wohn-
inhabers, durch dessen Wohnung die Grenze zweier Gemeindebezirke läuft: ent-
scheidend ist der Teil der Wohnung, wo das Wohn= und Schlafzimmer, auch der
Herd sich befindet. — Ferner über den Grundsatz, daß eine Unterbrechung dieses
ständigen Aufenthaltes dann nicht anzunehmen ist, wenn sich aus den thatsächlichen
Umständen ergibt, daß der betr. Bewerber seine bisherige Aufenthalts= bezw.
Wohnsitzgemeinde nicht dauernd, sondern nur voübergehend verlassen wollte,
die Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 15. Juli 1881 Bd. 3, 192 f.; vom
28. Juni 1882 Bd. 4, 116 f. und vom 28. Oktober 1887 Bd. 9, 262. Siehe
hiezu auch Bl. für admin. Pr. Bd. 28 S. 94 in Anm. 32 a II lit. d und Bd.
21, 58 in Anm. 84a II.
!1) Wohnen und Steueranlage muß gleichzeitig gegeben sein.
!5) D. h. in der politischen Gemeinde, in welcher der dauernde, ständige
Aufenthalt, verbunden mit einer Wohn= oder Schlafstätte, genommen worden ist.
16) Die hier in Betracht kommenden direkten Steuern sind: die Haus-,
Grund-, Gewerbe-, Kapitalrenten= und Einkommensteuer; auch die Grubenfeld-
abgabe (s. Bd. 1 § 76 S. 366 Note ""“) wird zu den direkten Steuern gezählt,
desgleichen die sogen. Hausiersteuer oder die vom Gewerbebetrieb im Umherziehen
erhobene Steuer. Ist ein Grundstück oder ein Gewerbe im Miteigentum bezw.
im gemeinschaftlichen Betrieb mehrerer Personen, so gelten alle diese Personen,
soferne sie als Miteigentümer 2c. gemeinschaftlich mit einander mit Steuern
veranlagt sind, als mit direkter Steuer im Sinne des Art. 11 der Gem.-Ordn.
angelegt. S. hiezu Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes in Aum. 18 bezw. 135 Nr. I
lit. a und d, ferner Anm. 49 und 50.
11) Ob die Steuer bereits entrichtet ist, erscheint gleichgiltig;“) hier ist nur
die Veranlagung mit der Steuer entscheidend und zwar muß diese Veranlagung
([. Anm. 15) in der betr. Gemeinde erfolgt sein, in welcher das Bürgerrecht er-
worben werden will oder soll. Wer also z. B. als Fabrikant in einer Gemeinde
A mit Gewerbsteuer wegen des Fabrikbetriebs angelegt ist, aber in der Gemeinde
: wohnt, wo er keine Steuer zu entrichten hat, ist nicht befähigt zum Bürger-
rechtserwerb in der Gemeinde B; aber auch in der Gemeinde A, in welcher er
nicht wohnt, hat er Anspruch auf Bürgerrechtserwerb nur, wenn die Voraus-
setzungen des Art. 15 gegeben sind.
18) Diese Steueranlage muß bereits faktisch geschehen sein, nicht erst bevor-
stehen. Die Entrichtung der Steuer selbst ist nicht Erfordernis für die Befähigung
zum Bürgerrechtserwerb. (Vergl. Anm. 17.)“) Ueber den Begriff der „Veran-
lagung mit einer Steuer“ s. Eutsch. des Verw.-Ger.-Hofes in Anm. 135 Nr. 1
lit. a und b, ferner Anm. 49 und 50 (vergl. Anm. 16).
12) Demgemäß sind — abgesehen von den Minderjährigen und Frauen,
welche von vorneherein (mit Ausnahme aber immer wieder der Bestimmung des
Art. 15) als nicht befähigt erklärt sind — alle als selbständig im Sinne des
Art. 11 Abs. I zu erachten, welche nicht unter die Bestimmungen des Art. 11
Abs. II fallen.
:0) Also alle diejenigen, welche entmündigt sind. Siehe hiezu 88 593
bis 627 der Civ.-Proz.-Ordn. und § 10 des Einf.-Ges. hiezu.“) Ferner vergl.
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 24. März 1890 Bd. 12, 156 in Anm. 32 a
r. it. c.
*) Wenn wegen Zahlungsunfähigkeit eine direkte Stener niedergeschlagen werden muß, so
ist dies kein Grund zur Entziehung bezw. zum Verlust des Bürgerrechts nach Art. 18 der Gem.-O.
**) Vergl. auch §§ 6, 114 und 1896 des bürgerl. Gesezbuches und Art. 155 und 156 des
Einf.-Ges. zu demselben; hiezu Urteil des Reichsgerichts vom 30. Juni 1882 in Reger's Samml.
Bd. 3, 196 und Art. 36 Abs. 4 des Armengesetzes.