Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

§ 95 a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 14. 147 
Art. 14 85) (12). 
Die nach Artikel 12 und 13 zulässige Verleihung des Bürger- 
rechtes an Nichtbayern 856) wird erst wirksam, 7) wenn diese die 
bayerische Staatsangehörigkeit erlangt haben. 37) 88) 
  
Zu Art. 14. 
*8) Der Art. 14 lautete bei Erlaß der Gem.-Ordn. folgendermaßen: Wird 
auf Grund der Art. 12 und 13 das Bürgerrecht an Ausländer verliehen, welche 
die nach dem Gesetze ihres Landes erforderliche Auswanderungsbewilligung bei- 
gebracht haben, so erwerben sie durch den bewilligenden Beschluß, wofür in den 
einer Distriktsverwaltungsbehörde untergeordneten Gemeinden die Bestätigung dieser 
Behörde erforderlich ist, zugleich das bayerische Indigenat. — Seine jetzige Fassung 
erhielt nun der Art. 14 durch Art. 3 des Gesetzes vom 19. Januar 1872 „die 
Abänderung einiger Bestimmungen der Gemeindeordnung für die Landesteile 
diesseits des Rheins vom 29. April 1869 betr.“ (Web. 9, 284). Nach der 
früheren Fassung hatten also Ausländer mit der Verleihung des Bürgerrechts 
auch das bayer. Indigenat erworben. Allein diese Bestimmung war angesichts 
der Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 1. Juni 1870 nicht mehr 
zutreffend, nach welch' letzterem nunmehr die Staatsangehörigkeit ausschließlich 
nur nach Maßgabe dieses Gesetzes erworben werden kann. 
Demgemäß war es nötig, dem Art. 14 den jetzigen Wortlaut zu geben. 
Vergl. Anm. 29, ferner nachstehende Anm. 86, 87 und 88. 
86) Nichtbayern erscheinen nach Art. 11 Abs. IV gleichfalls als befähigt 
zum Erwerb des Bürgerrechts, soferne sie — abgesehen von der bayer. Staats- 
angehörigkeit — alle die Eigenschaften besitzen, welche der nach Art. 11 zur Er- 
werbung des Bürgerrechts „Befähigte“ haben muß. 
Demnach sind einerseits 
a. die Gemeinden befugt, jedem Nichtbayern gemäß Art. 12, soferne er 
sonst nach Art. 11 befähigt ist, das Bürgerrecht auf Ansuchen zu ver- 
leihen, und haben andrerseits 
b. auch Nichtbayern einen Anspruch auf Verleihung des Bürgerrechts nach 
Art. 13, foferne sie die Bedingungen dieses letztgenannten Artikels er- 
füllt haben. — Es wird jedoch 
*.) diese Verleihung erst wirksam, d. h. es treten die rechtlichen Wirkungen 
der Bürgerrechtsverleihung, also die an das Bürgerrecht geknüpften, mit ihm ver- 
bundenen Rechte und Pflichten erst dann ein, wenn der Beliehene bezw. der Er- 
werber auch die bayerische Staatsangehörigkeit auf Grund des Gesetzes vom 
1. Juni 1870 über den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit erworben hat.“) 
Hierüber s. Bd. 1 § 42 und § 45 a S. 148 ff. und S. 185—200. 
So lange also dieser Staatsangehörigkeitserwerb noch nicht erfolgt ist, ruht 
die rechtliche Wirksamkeit des nach dem Wortlaute des Gesetzes an sich rechts- 
giltig und bezw. bedingungslos verliehenen Bürgerrechtes. " 
Selbstverständlich können die Gemeinden, wie in jedem Falle, so auch bei 
derartigen Bürgerrechtserwerbungen durch Nichtbayern — abgesehen von der be- 
züglich aller Nichtdeutschen (Ausländer) getroffenen Bestimmung des Art. 20 
Abs. III der Gem.-Ordn. — gemäß Art. 20 Abs. 1 die Wirksamkeit des Bürger- 
rechtes von der Bezahlung der Bürgerrechtsgebühr abhängig machen, allein im 
übrigen ist diese Verleihung eine bedingungslose, insbesondere kann die Erwerbung 
der bayer. Staatsangehörigkeit nicht zur Bedingung der Verleihung des Bür- 
gerrechtes gemacht werden. Andrerseits aber wird die Ausfertigung des betr. 
*) Die Verpflichtung zur Bezahlung der Bürgeraufnahmsgebühr entsteht jedoch auch hier 
schon mit der Verleihung des Bürgerrechtes, nicht erst mit dem Erwerbe der Staatsangehörig- 
keit. Die Bürgerrechtsgebühr muß daher auch in dem Falle bezahlt werden, daß nach erfolgtem 
Bürgerrechtserwerb die bayer. Staatsangehörigkeit nicht erworben werden sollte. Vgl. Anm. 118 a. E. 
10“
	        
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