Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

148 8 95a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 15. 
Art. 15.39) 89a) 
I. Inländer, 90)91) welche in einer Gemeinde ein besteuertes 
  
  
Beschlusses über die Bürgerrechtsverleihung, versehen mit der Bestätigung über 
Bezahlung der Bürgerrechtsgebühr, bei Gesuchen um Naturalisation einen voll- 
giltigen Nachweis im Sinne der Ziff. 5 lit. a Abs. 2 der Min.-E. vom 9. Mai 
1871 (Web. 9, 7 f.) darüber bilden, daß der Bewerber für den Fall der Natura- 
lisation sofort die Heimat in einer bayer. Gemeinde erhält. S. oben Bd. 1 
42 S. 152. 
Siehe Bayer. Gem.-Zeitg. Jahrg. 1891 S. 463: Anspruch der Nichtbayern 
auf Verleihung des Bürgerrechts in einer rechtsrh. Gemeinde. Vergl. dagegen v. 
Seydel Bd. 21 S. 80 und Note 42 daselbst. 
58s) Durch Art. 14 wollte offenbar ein allgemeiner Grundsatz aufgestellt 
werden, nämlich der, daß das Bürgerrecht in einer bayer. Gemeinde nur von 
einem Bayern ausgeübt werden kann resp. daß die rechtlichen Wirkungen dieses 
Bürgerrechtes erst dann eintreten, wenn derjenige, welcher im Besitze eines solchen 
Bürgerrechtes ist, auch die bayerische Staatsangehörigkeit erlangt hat bezw. besitzt. 
Nachdem nun die Gem.-Ordn. von diesem Grundsatze beherrscht ist, so muß der 
letztere auch zur Anwendung kommen, wenn nach Art. 15 ein Inländer, welcher 
zwar Deutscher aber kein Bayer ist, das Bürgerrecht beansprucht und verliehen 
erhalten hat. S. Anm. 90. 
Zu Art. 15. 
*.) Art. 15 statuiert eine Ausnahme von Art. 11 und 13, indem er die 
Fälle bezeichnet, in welchen Personen, die nach Art. 11 bezw. 13 die Befähigung 
zum Bürgerrechtserwerb nicht besitzen, doch das Bürgerrecht beanspruchen können. 
Vergl. hiezu die §§ 11 und 12 des Gem.-Ed. von 1818/1834 (Web. 1, 558). 
Durch den Art. 15 ist auch, da er das „Wohnen" in einer Gemeinde nicht zur 
Voraussetzung hat, die Möglichkeit zum Erwerb des Bürgerrechtes in mehreren 
Gemeinden gegeben. 
Soa) Die Erfordernisse des Art. 15 genügen ganz allein zum Anspruch 
auf Bürgerrechtserwerb, also ohne Verbindung derselben mit den Erfordernissen 
des Art. 13 Abs. I. S. Bl. für admin. Pr. 26, 399, unten in Anm. 108a 
Nr. II lit. c. 
0) „Inländer“ im Sinne des Art. 15 sind alle Reichsdeutschen, also nicht 
blos die bayerischen Staatsangehörigen, sondern alle Angehörigen des deutschen 
Reiches. Es ergibt sich dies aus der Diktion der Gem.-Ordn. im Zusammen- 
halte mit Art. 3 der Reichsverfassung. Wo die Gem.-Ordn. „Nichtdeutsche“ be- 
zeichnen will, gebraucht sie den Ausdruck „Ausländer" (vergl. Art. 20 Abs. III) 
und wo sie alle nicht bayerischen Personen — ohne Unterschied zwischen deutsch 
und nichtdeutsch — den bayerischen Staatsangehörigen gegenüberstellt, spricht sie 
von „Nichtbayern“ (vergl. Art. 11 Abs. IV und Art. 14). 
Nachdem nun aber, wie in Anm. 88 gesagt, die Gem.-Ordn. von dem 
Grundsatze getragen ist, daß nur ein Bayer in einer bayerischen Gemeinde 
die Rechte eines Bürgers auszuüben bezw. dessen Pflichten zu erfüllen vermag, 
so wird auch im Falle des Art. 15 das Bürgerrecht, welches von einem nicht- 
bayerischen Inländer d. h. nichtbayer. Reichsdeutschen erworben wird, erst dann 
wirksam, kann also erst dann zur Ausübung gelangen, wenn der betr. Er- 
werber auch die bayerische Staatsangehörigkeit erworben hat. 
Siehe Anm. 88, vergl. auch Anm. 87; ferner v. Kahr S. 191 f. und 
besonders S. 220 ff.; dagegen vergl. v. Hauck-Lindner S. 63 f., speziell S. 64 
Anm. 2, wo behauptet ist, daß „Inländer nur Bayern sind“ und daß demnach 
„ein Nichtbayer, wenn er das Bürgerrecht nach Art. 15 ansprechen will, vorher 
die bayerische Staatsangehörigkeit erwerben muß.“ Allein es besteht, wie gesagt, 
kein Grund, das Wort „Inländer“ in Art. 15 anders aufzufassen, wie als
	        
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