Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

§ 95 a. Von den Gemeindebürgern, deren Rechten und Pflichten. Art. 15. 149 
Wohnhaus besitzen 92) 92 a) oder mit direkten Steuern 93) mindestens in 
demselben Betrage wie einer der drei höchstbesteuerten Einwohner 94) 
angelegt 95) sind, 96) können das Bürgerrecht in dieser Gemeinde auch 
„Reichsangehörige“, nachdem das Gesetz vom 19. Januar 1872, welches ausge- 
sprochener Maßen (s. Verh. der Kammer der Abgeordneten 1871/72, stenogr. Be- 
richt Bd. 1, 153; Beil. Bd. 1, 56 § 4) die Gem.-Ordn. der Reichsgesetzgebung 
anpassen wollte, den Wortlaut des Art. 15 in dieser Richtung nicht geändert und 
das Wort „Inländer“ nicht durch das Wort „Nichtbayer“ ersetzt hat, zumal es 
auf Grund des Art. 3 der Reichsverfassung sowohl dem reichsgesetzlichen als dem 
landesgesetzlichen Sprachgebrauch entspricht, unter dem Ausdrucke „Inländer“ alle 
Deutschen und nicht blos die Angehörigen eines einzelnen Bundesstaates, also 
hier des Königreichs Bayern zu verstehen. 
Vergl. auch Commentar von v. Riedel, v. Müller-Pröbst zum Heimatgesetz 
Art. 9 und besonders die klaren Darstellungen bei v. Kahr S. 221 und speziell 
S. 222. S. auch Bl. für admin. Pr. Bd. 27 S. 139, endlich die Anm. zu Art. 20 
Abs. III der Gem.-Ordn., auch Anm. 103. 
"1) Die Bestimmung des Abs. I des Art. 15 bezieht sich nur auf physische 
Personen und zwar sowohl auf Männer wie auf Frauen (letztere sind deshalb 
nicht ausgeschlossen, weil von Art. 15 die Befähigung nach Art. 11 nicht gefordert 
wird), Abs. III dagegen auf juristische Personen. 
?*) a. „Besitzen“ ist gleichbedeutend mit „eigentümlich besitzen“, „Besitz“ im 
Sinne des Art. 15 ist gleichbedeutend mit „Eigentum“. S. auch 
Anm. 100 zu Abs. II; 
b. „besteuert“ ist gleichbedeutend mit „angelegt mit Grund= oder 
Haussteuer bezw. Grund= und Haussteuer“. Entscheidend ist also 
hier die Veranlagung mit einer solchen Steuer, nicht die faktische 
Entrichtung dieser Steuer; vergl. Anm. 17 zu Art. 11 und dagegen 
Anm. 49 zu Art. 13 Abs. 1; 
c. „Wohnhaus= ist gleichbedeutend mit „ein für menschliche Wohnungen 
eingerichtetes bezw. bestimmtes Haus", gleichviel, ob es zur betr. 
Zeit wirklich bewohnt war; gleichviel auch, welchen Wert dieses 
Wohnhaus hat und ob auf demselben Schulden (Hypotheken) lasten 
oder nicht bezw. bis zu welcher Höhe. 
530) Ein solches besteuertes Wohnhaus, welches die (ungeschiedene) Ehefrau 
oder die im Brote des Bewerbers stehenden minderjährigen Kinder in der betr. 
Gemeinde besitzen, werden dem Bewerber in seiner Eigenschaft als Familienhaupt 
und so lange er als solches erscheint, zugerechnet. S. Anm. 28 zu Art. 11 
Abs. III und Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 9. März 1883 unten Anm. 96. 
?) Ueber den Begriff der „direkten Steuern“ s. oben Anm. 16. 
!) „Einwohner", nicht „Bürger“; also kommen hier alle in Betracht, 
welche in der betr. Gemeinde wohnen, gleichviel ob sie Bürger sind oder nicht. 
*2) Auch hier entscheidet nur die Steuer-Anlage, nicht die wirkliche 
Steuer-Eutrichtung. Ueber „Veranlagung mit einer Steuer“ s. Entsch. des 
Verw.-Ger.-Hofes in Anm. 135 Nr. I lit. a und b. 
"6) Der betr. Bewerber muß aber wenigstens mit der dritthöchsten Steuer 
angelegt sein, d. h. mit einer Steuer, welche mindestens die dritthöchste von allen 
Steuern ist, mit welchen diejenigen, die in der Gemeinde wohnen, veranlagt sind. 
Auch hier wird eine Steuer, mit welcher die ungeschiedene Ehefrau des 
Bürgerrechtserwerbers und minderjährige in seinem Brote stehende Kinder an- 
gelegt sind, dem Bewerber als Familienhaupt zugerechnet. 
Siehe hiezu Art. 11 Abs. III, besonders oben Anm. 28; s. v. Kahr 
S. 169; ferner Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 9. März 1883 Bd. 4, 355 
(und zwar zu Anm. 28, 92a): Das Grundvermögen (also auch die Grund-
	        
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