8 96. Von dem Gemeindevermögen. 179
die sogenannte Realgemeinde im Gegensatz zur politischen Gemeinde
oder zu den in der Gemeindeordnung (nach Art. 5 und 153) aner—
kannten Ortsgemeinden gibt es im ganzen rechtsrheinischen Bayern
nicht. Es kann nach dem gegenwärtigen Stande der Gemeindegesetz—
gebung auf dem hier fraglichen Gebiete nur der rein civilrechtliche
Fall gegeben sein, daß ein Grundstück, ein Komplex im gemeinschaft-
lichen Eigentum mehrerer einzelner Personen sein kann, oder es
kann sich auch um die Frage handeln, ob im einzelnen Falle ein
Grundstück 2c. im Eigentum einer Gemeinde bezw einer Ortsgemeinde
oder ob es im Miteigentum — sei es der Gemeinde und einer
Privatperson oder der Gemeinde und einer juristischen Person (z. B.
im Miteigentum einer Gemeinde und einer Stiftung) oder im ge-
meinschaftlichen Eigentum einer oder mehrerer politischer oder Orts-
Gemeinden und einer oder mehrerer Privat= bezw. juristischer Per-
sonen steht. Wenn nun aber einzelnen Personen aus irgend einem
Rechtstitel Nutzungsrechte am Gemeindevermögen zustehen, so haben
diese Nutzungsrechte nur die Eigenschaften eines Rechtes an einer frem-
den Sache, d. h. also an einer Sache, welche der Gemeinde gehört. 1)
Gemeindevermögen in dem hier in Betracht kommenden
Sinne der Gemeindeordnung ist daher: das Vermögen, welches
einer politischen Gemeinde oder einer Ortsgemeinde (Ortschaft nach
Art. 5 der Gem.-Ordn.) als solcher und in ihrer Gesamtheit zu-
gehört. Gehört dagegen das betr. Vermögen mehreren Gemeinden
oder mehreren nicht zu einer Gemeinde verbundenen Ortschaften an, so
liegt Miteigentum dieser mehreren Gemeinden bezw. Ortschaften vor.
Gemeindevermögen im vorliegenden Sinne ist solchen Falles für
die einzelnen am Miteigentum beteiligten Gemeinden bezw. Ortschaften
ihr ideeller Anteil an diesem Miteigentume.
(Vergl. v. Hauck-Lindner, Comm. zur Gem.-Ordn. S. 89.)
) Siehe' hiezu Urteil des Appellationsgerichts Augsburg vom 6. Mai
1874 in Bl. für admin. Pr. Bd. 25 S. 233 ff., besonders S. 234: „An die
Stelle der alten Dorfgemeinde ist die politische Gemeinde als juristische Person
getreten und die unverteilte Mark in deren Eigentum übergegangen, woneben dann
die den früheren Markgenossen zustehenden Rechte notwendig die Form eines
Rechtes an fremden Sachen annehmen mußten cc. 2c.“
Hiezu Bl. für admin. Pr. Bd. 35, 298 ff. (über Gemeinde-Eigentums-
Streitigkeiten), speziell S. 301: Sowohl die Rechtsgeschichte als auch nicht minder
die Rechtsprechung der Gegenwart sind darüber einig, daß schon im Laufe des
vorigen Jahrhunderts an die Stelle der alten Dorfgemeinden (Markgemeinschaften)
die politische Gemeinde als juristische Person getreten ist, wobei die
den Dorfgenossen zustehenden Rechte notwendig die Form eines Rechtes an
fremder Sache annahmen.
Siehe auch bayer. Landrecht Teil II Kap. I § 6, Kap. VIII N 14.
Vergl. auch über diese historische Entwicklung bezw. Umbildung der alten
Markgenossenschaften zur politischen Gemeinde die Ausführungen in den Entsch.
des Verw.-Ger.-Hofes vom 16. Mai 1884 Bd. 5, 211 ff., besonders 215 ff.;
vom 5. März 1890 Bd. 12, 135 ff., besonders 137 f.; vom 30. Dezember 1890
Bd. 13, 23 ff., besonders 30 f. und vom 10. Mai 1893 Bd. 14, 265 ff., be-
sonders 267 ff.
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