Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

264 8 86a. Gesetzestext zu Abt. III Abschn. I der Gemeindeordnung. Art. 31 
II. Die Verteilung von Ueberschüssen 67) an die s) Gemeinde- 
bürger ist nur dann zulässig, wenn alle Gemeindebedürfnisse9) ohne 
Erhebung von Gemeindeumlagen und örtlichen Verbrauchssteuern 70) 
gedeckt sind, 65) und wenn größere Ausgaben für außerordentliche Be- 
über Naturalnutzungen gemäß Art. 31 Abs. II verfügen, soferne eben die für 
diese Fälle von der Gemeindeordnung geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. 
"6) Was in und zu Art. 31 ff. über Verteilung von Ueberschüssen und 
über Nutzungsgewährungen bezw. Nutzungsrechte in politischen Gemeinden gesagt 
ist, gilt auch bezüglich der Ortsgemeinden in Bezug auf deren spezielles Orts- 
gemeindevermögen oder dessen Erträgnisse. Vergl. Art. 33 Abs. VI und Abs. III 
des Art. 31. 
6.) Ueber den Begriff „Ueberschüsse“ s. oben § 96 S. 185 f. v. Kahr be- 
zeichnet als „Ueberschuß“ im Sinne des Art. 31 Abs. II der Gem.-Ordn. „die am 
Schlusse eines Rechnungsjahres nach Abgleichung sämtlicher Einnahmen und Aus- 
gaben rechnungsmäßig verbleibenden Erübrigungen (Kassenbestand). Aus welchen 
Bestandteilen sich diese Ueberschüsse zusammensetzen, ist für die Anwendung des 
Art. 31 gleichgiltig. So können sich dieselben z. B. auch aus Holzerlösen er- 
geben, welche nach Art. 29 Abs. II in die Gemeindekasse zu fließen haben. 
Weiter s. über die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vornahme einer Ver- 
teilung von gemeindlichen Ueberschüssen oben § 96 S. 186; Bl. für admin. Pr. 
21, 81 besonders 84 und Anm. 57 oben zu Art. 29 Abs. II der Gem.-Ordn., 
ferner unten Anm. 89. 
"*,:) D. h. an alle Gemeindebürger ohne Unterschied und an jeden ein- 
zelnen zu gleichen Teilen. Die Verteilung von Ueberschüssen unterscheidet sich 
von der Gewährung von Nutzungen besonders dadurch, daß die Ueberschüsse der 
allgemeinen Regel des Art. 19 Abs. II Ziff. 3 der Gem.-Ordn. gemäß an alle 
Gemeindebürger zur Verteilung gelangen, während die Gewährung von Nutzungen 
gemäß der speziellen Ausnahmebestimmung des Art. 32 Abs. II nur an die da- 
selbst unter Ziff. 1—4 Genannten erfolgt, soferne nicht der Kreis dieser Nutzungs- 
berechtigten noch weiter verändert und einer spezielleren Ausnahme entsprechend durch 
besondere Rechtstitel oder nach rechtlichem Herkommen gemäß Art. 32 Abs. II 
entweder verringert oder gemäß Art. 32 Abs. III erweitert ist. Vergl. hiezu 
Luthardt in Bl. für admin. Pr. 21, 81 ff., vielmehr 84 ff.: Die Verteilung von 
Ueberschüssen nach Art. 31 der Gem.-Ordn. bezw. die Erwiderung des Heraus- 
gebers (Luth.) auf diese Abhandlung. 
Weiter kann an Gemeindenutzungen nur derjenige Anteil nehmen, welcher 
die in der betreffenden Gemeinde etwa eingeführte Gemeinderechtsgebühr bezahlt 
hat. Eine solche besondere Leistung ist dagegen bei der Teilnahme an verteilten 
Ueberschüssen in keinem Falle vorausgesetzt. 
"0) Vergl. hiezu Art. 39 der Gem.-Ordn., dessen Bestimmungen insoferne 
mit Art. 31 harmonieren, als in Art. 39 der im Art. 31 Abs. I aufgestellte 
Grundsatz durchgeführt und in Durchführung desselben bestimmt ist, daß in erster 
Linie der Ertrag des Gemeindevermögens zur Deckung der Gemeindeausgaben zu 
verwenden ist, weshalb auch die subsidiären Einnahmen: Gemeindeumlagen, Ver- 
brauchssteuern und sonstige örtliche Abgaben erst dann zur Erhebung kommen 
sollen, wenn und soweit die primären Deckungsmittel d. h. eben besonders die Er- 
trägnisse aus dem Gemeindevermögen zur völligen Befriedigung der Gemeinde- 
bedürfnisse nicht ausreichen. Vergl. Anm. 70 und 64. 
70) Aus dem in vorstehender Anm. 69 Gesagten ergibt sich auch, daß nach 
dem in den Art. 31 und 39 gleichmäßig ausgesprochenen Grundsatze auch Ueber- 
schüsse nicht eher zur Verteilung gelangen dürfen, als bis alle Gemeindebedürf- 
nisse ohne die Zuhilfenahme eines der subsidiären Deckungsmittel des Art. 39 
Abs. II, also nicht blos ohne Erhebung von Gemeindeumlagen und Verbrauchs- 
steuern, sondern auch ohne Zuhilfenahme aller sonstigen örtlichen Ab-
	        
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