§ 96a. Gesetzestext zu Abt. III Abschn. I der Gemeindeordnung. Art. 32. 285.
Die Einräumung von Gemeindenutzungsrechten ist unstatthaft. Die Ge-
meindeordnung hält nur die bestehenden Nutzungsrechte aufrecht. Sie unter-
scheidet hiebei Gemeindenutzungsrechte, die auf einem besonderen Rechtstitel und
solche, die auf Herkommen beruhen. Der besondere Rechtstitel muß selbstverständ-
lich ein solcher des öffentlichen Rechtes sein 2c. Nutzungsrechte, welche in einem
solchen Rechtstitel begründet sind, sind unentziehbar.
Wo Gemeindenutzungsrechte auf Herkommen beruhen, kann das Herkommen
sowohl dahin gehen, daß Nutzungen nur soweit beansprucht werden können, als.
die gemeindliche Finanzlage es zuläßt, als auch dahin, daß die Gemeinde-
nutzungsrechte ohne Rücksicht darauf bestehen, ob Gemeindeumlagen 2c. erhoben
werden oder nicht 2c.
Das Herkommen ist von der Gem.-Ordn. als örtliche Rechtssatzung gefaßt.
Diese Rechtssatzung ist, so lange sie besteht, für die Gemeinde bindend. Aber die
Gemeinde kann durch einen Akt der Selbstgesetzgebung die Rechtssatzung
ändern oder beseitigen. Sie kann solche Nutzungsrechte im Falle des Bedürf-
nisses für Gemeindezwecke ganz oder teilweise zurückziehen. 2c. 2c."“
III. A. Entscheidungen des obersten Gerichtshofes bezw. des obersten
Landesgerichtes:)
a. vom 25. Juni 1875 Bd. 5, 629: Nur dann, wenn das Nutzungsrecht
an Gemeindegründen einem bestimmten Hause oder Anwesen in der
Art anklebt, daß der Besitz des Hauses oder Anwesens schon an und
für sich, unabhängig von dem Verhältnisse, in welchem
der Besitzer zur Gemeinde steht, die Bezugsberechtigung ge-
währt, daß also das Recht, als gleichsam eine inhärierende Eigenschaft
der betreffenden Liegenschaft bildend, mit dieser auf jeden Besitzer
derselben, ohne Rücksicht darauf, ob er dem Gemeindeverbande angehört
oder nicht, übergeht, ist ein dingliches Recht im privatrechtlichen
Sinne als gegeben anzunehmen. «
Ganz der nämliche Grundsatz ist ausgesprochen in der Entsch. des.
obersten Landesgerichts vom 17. September 1884 Bd. 10, 503 f.;
b. Entsch, des obersten Landesgerichts vom 12. Juli 1889 Bd. 12, 377 f.:
Die Nutzungsrechte an unverteilten Gemeindegründen sind häufig an
den Besitz gewisser Anwesen gebunden und gehen in diesem Falle als
Pertinenzen derselben mit der Hauptsache auf dem Wege der Univer-
sal= und Singular-Succession von einem Besitzer auf den anderen über,
ohne daß damit ein sicheres Kennzeichen für den privatrechtlichen
Charakter dieser Rechte gegeben wäre, da nichts entgegensteht, daß
auch im öffentlichen Rechte wurzelnde Vermögensrechte mit dem Besitze
von Anwesen verknüpft sind und insbesondere kein Gesetz aus dem
Bestehen eines Pertinenzverhältnisses die Folgerung zu ziehen gestattet,
daß, weil der Besitz der Hauptsache auf privatrechtlichem Titel beruht,
unter allen Umständen für das als Zubehör erscheinende Recht der
privatrechtliche Charakter gleichfalls gegeben sei. ç
Eine solche Annahme ist vielmehr bezüglich derartiger Berechtig-
ungen nur dann statthaft, wenn der Besitz des Anwesens für sich un-
abhängig von dem Verhältnisse des Besitzers zur Gemeinde die Nutz-
ungsberechtigung gewährt und die Besitzer des Anwesens als solche
über das fragliche Recht, wie über ihr Anwesen selbst, unter Aus-
schluß jeder gemeindlichen Einwirkung frei verfügen können.
Daß die Verbindung eines Gemeinderechtes mit dem Besitze eines
Hauses oder Gutes nicht notwendig für das Bestehen eines Privat-
rechtstitels spricht, ergibt sich übrigens schon aus den Bestimmungen.
der Art. 22 Abs. II und Art. 33 der Gem.-Ordn.;
*) Siehe auch unten Anm. 152 zu Art. 36.