II. Abschn. § 99. Die Gemeindewege und die Ortsstraßen. 341
Soweit die Herstellung und Unterhaltung der Gemeindewege
inklusive der Unterhaltung der Ortsstraßen und der öffentlichen Plätze
es unabweisbar erfordert, daß sachverständige Techniker hiezu aufge-
stellt werden, kann sich die Gemeinde auch der Verpflichtung zur An-
stellung und Bezahlung des nötigen sachkundigen Personales nicht
entziehen. 1)
Zu den gemeindlichen Wegen im weiteren Sinne — und wohl
mit zu den wichtigsten unter denselben — gehören die Ortsstraßen.
Oprtsstraßen sind diejenigen gemeindlichen Wege, welche dem
Verkehre innerhalb einer zusammenhängend gebauten Stadt-, Land-
oder Ortsgemeinde zu dienen bestimmt sind und welche weder zu einer
Staats= oder Distriktsstraße noch zu einem Gemeindeverbindungsweg
(Gemeindeweg im engeren Sinne) gehören. 20)
Bewerkstelligung des öffentlichen Verkehrs. Die Straßenbeleuchtungsanlagen sind
aber als Bestandteile der Weganlage selbst nicht anzusehen und den in Art. 38
genannten Sicherheitsvorrichtungen nicht beizuzählen. Kann aber hienach die
gemeindliche Verpflichtung zur Herstellung einer Straßenbeleuchtung nicht ohne
Weiteres aus Art. 38 der Gem.-Ordn. abgeleitet werden, so kann sich diese Ver-
bindlichkeit doch unter Umständen aus den polizeilichen Verpflichtungen der Ge-
meinden ergeben. Die Beurteilung nun der Frage, ob unter den gegebenen Ver-
hältnissen oder Umständen sich eine Notwendigkeit zur Beleuchtung einer Straßen-
strecke ergibt, ist in erster Linie dem pflichtmäßigen Ermessen der kraft ihres
Selbstverwaltungsrechtes zunächst zur Beschlußfassung berufenen Gemeindebehörde
anheimgegeben 2c. Versäumen aber dieselben, ihrer Verbindlichkeit nachzukommen
und eine ihnen im Bereiche der örtlichen Polizeiverwaltung obliegende notwendige
Einrichtung zu treffen, so sind die Aufsichtsbehörden befugt, nach Maßgabe der
Art. 156 Abs. IV mit Art. 157 Abs. III, V, VI, VII zwingend vorzugehen.
19) Vergl. hiezu die — analog auch auf Gemeindewege anwendbare —
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 4. Oktober 1887 Bd. 8, 301 ff.: Die von der
Aussichtsstelle einem Distrikte gemachte Auflage, statt eines Sachverständigen einen
eigenen Distriktstechniker für das Straßenwesen aufzustellen, wodurch ein Mehr-
aufwand in Aussicht steht, kann nur dann als gesetzlich erachtet werden, wenn
durch die zuständige Verwaltungsbehörde mit Bestimmtheit konstatiert ist, daß sich
die nach Art. 27 Abs. I lit. b Ziff. 4 des Distriktsratsgesetzes dem Distrikte ob-
liegende Aufgabe in anderer billigerer Weise nicht genügend erfüllen läßt.
20) Siehe Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 13. März 1885 Bd. 6, 93
unten in Anm. 22, auch oben Anm. 2 lit. c; ferner Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes
vom 19. Juli 1889 Bd. 11, 325 und speziell 330:
Zunächst ergibt sich die öffentliche Eigenschaft der Ortsstraßen schon aus
ihrer Zweckbestimmung, wonach sie den Verkehr innerhalb einer zusammenhängend
gebauten Ortschaft zu vermitteln haben. Da jedoch das Verkehrsbedürfnis sich
nicht auf die Ortsbewohner beschränkt, sondern auch ihre wirtschaftlichen Be-
ziehungen mit den Angehörigen auswärtiger Gemeinden umfaßt, so sind auch
Ortsstraßen regelmäßig als öffentliche Wege zu crachten 2c. In den vielfachen
Fällen, wo in Folge der Ausdehnung einer Stadt, eines Marktes oder Dorfes
(Gemeinde-) Wegstrecken, welche dem allgemeinen Verkehre dienten, jedoch außer-
halb des Ortsbezirkes gelegen waren, nunmehr aber innerhalb der Stadt, des
Marktes oder Dorfes zu liegen kommen und unbeschadet ihrer fortbestehenden all-
gemeinen Verkehrsbestimmung jetzt auch noch die Bedeutung eines örtlichen Ver-
kehrsmittels annehmen, kann aus diesen ebengenannten Umständen eine Einschränkung
der allgemeinen Gebrauchsberechtigung in Ansehung dieser Straße etwa auf
die Ortsangehörigen nicht abgeleitet werden.