Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

32 § 94. Die Gemeinden und die Gemeindeverfassung. 
Zustellung an einen anderen in dem Geschäftslokale anwesenden 
Beamten oder Bediensteten bewirkt werden. 
6) § 210 Abs. I der Civ.-Proz.-Ordn. verfügt: Auf Grund der 
den Minderjährigen und den ihnen gleichgestellten Personen 
als solchen zustehenden Rechte findet die Aufhebung der 
Folgen einer Versäumung nicht statt. 
7) Nach § 679 der Civ.-Proz.-Ordn. sind bei Durchführung der 
Zwangsvollstreckung — wenn Widerstand geleistet wird oder 
der Schuldner oder eines seiner Familienmitglieder bei der 
Vollstreckung nicht zugegen ist — zwei großjährige Männer 
oder ein Gemeinde= oder Polizeibeamter als Zeuge zuzuziehen. 
8) Nach § 4 des Einf.-Ges. zur Civ.-Proz.-Ordn. darf für 
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegen- 
stande oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg zulässig 
ist, aus dem Grunde, weil als Partei der Fiskus, eine 
Gemeinde dder eiue andere öffentliche Korporation be- 
teiligt ist, der Rechtsweg durch die Landesgesetzgebung nicht 
ausgeschlossen werden. 
M. Civilrechtliche und eivilprozessuale Vertretung der 
emeinden. 
Die aktive und passive Vertretung der Gemeinde in allen ihren 
Vermögensangelegenheiten, überhaupt auf dem Gebiete des Civilrechtes 
und des Civilprozesses, mag die Gemeinde als Klägerin im Prozesse 
auftreten oder als Beklagte erscheinen, ist ein Teil der im Art. 84 
und 130 der Gem.-Ordn. angeführten „Vertretung der Gemeinde in 
ihren Rechten und Verbindlichkeiten nach außen“ und gehört demgemäß 
zur Zuständigkeit der kollegialen Gemeindebehörde, also in 
Städten zur Kompetenz des Magistrates, in Landgemeinden des Ge- 
meinde-Ausschusses bezw. in Ortschaften (nach Art. 5 und 153 der 
Gem.-Ordn.) des Ortsausschusses. 
Die kollegiale Gemeindebehörde erklärt ihren diesbezüglichen 
Vertretungs-Willen durch in gesetzmäßiger Form gefaßte Beschlüsse. 
Der Vollzug dieser rechtsförmlichen Beschlüsse, d. h. also der ge- 
meindlichen Willenserklärungen liegt nach Art. 101 Abs. I und 131 
Abs. IV der Gem.-Ordn. dem ersten oder einzigen Bürgermeister bezw. 
dessen Stellvertreter ob. 
Demgemäß vertritt der Bürgermeister die Gemeinde vor allen 
Behörden, speziell — unter Vorlage der betr. Beschlüsse der kollegialen 
Gemeindebehörde — auch vor Gericht und bei den Notaren. Selbst- 
verständlich kann die Gemeinde zu ihrer Vertretung auch andere Mit- 
glieder des Magistrats bezw. des Gemeindeausschusses oder auch Rechts- 
anwälte oder sonstige Personen kommittieren. Doch müssen diese 
anderen Personen durch Vollmacht oder Kommissorium legitimiert sein, 
während der Bürgermeister zu seiner Legitimation nur den Nachweis 
über seine Aufstellung zu erbringen hat.
	        
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