366 II. Abschn. § 103. Sonstige örtliche Abgaben.
§ 103.
Sonstigc örtliche Abgaben.
Diese „sonstigen örtlichen Abgaben“, welche nicht unter Art. 40
Abs. I der Gem.-Ordn. fallen, werden im Art. 40 Abs. IV behandelt
und bilden im Vereine mit den in Abs. I dieses Artikels angeführten
Abgaben für Benutzung gemeindlichen Vermögens zusammen die „sonstigen
örtlichen Abgaben“ des Art. 39 Abs. II.
Der Kürze halber und nach herkömmlicher Gepflogenheit sollen
auch hier unter den „sonstigen örtlichen Abgaben“ nur diejenigen des
Art. 40 Abs. IV verstanden sein. Durch die weite Fassung des Be-
griffes der örtlichen Abgaben in letztgenannter Gesetzesstelle wollte man
offenbar nicht blos diejenigen Gefälle, welche bisher den Gemeinden
bewilligt waren, auch weiter aufrecht erhalten bezw. fortbestehen lassen),
sondern man wollte auch die Möglichkeit gewähren, daß den Gemeinden
neue derartige Abgaben durch ministerielle Genehmigung gewährt werden
können, soferne die Befriedigung der gemeindlichen Bedürfnisse nach
dem Stand des gemeindlichen Haushaltes eine solche Bewilligung für
nötig erscheinen lassen.
Die Gemeinden sind daher auch in der Auswahl bezüglich der
Bestimmung und Einführung solcher örtlichen Abgaben an sich nicht
gebunden, nur dürfen, wie überhaupt bei allen Gefällen, welche zu
Gunsten der Gemeinden eingeführt werden wollen, so auch hier gesetz-
liche Bestimmungen einer Einführung der betr. örtlichen Abgabe nicht
entgegenstehen. 1) So dürfen beispielsweise nach § 10 Abs. IV des
Gesetzes über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 Aufenthaltskarten
für den Aufenthalt Fremder weder eingeführt noch beibehalten, also
keine desbezüglichen Gebühren erhoben werden; ferner ist es nach § 8
des Freizügigkeitsgesetzes verboten, von Neuanziehenden wegen des
Anzuges eine Abgabe zu erheben?); endlich ist den Gemeinden durch
2. Juni 1876
das Ge
as Gesetz vom 3i.Januar 1888
die Erhebung einer Gebühr für
welche nicht den örtlichen Konsum, sondern lediglich den Verkehr mit Ge-
treide (Getreidehandel) innerhalb des Gemeindebezirkes treffen, ohne daß hiebei
eine Benutzung von gemeindlichen Anstalten und Unternehmungen stattfindet.
Siehe oben Seite 357 § 101 bei Anm. 1.
Ein gegenteiliges Herkommen entbehrt der rechtlichen Wirksamkeit.
*) Vorausgesetzt aber, daß eine solche aus früherer Zeit herrührende Ab-
gabe sich in der That rechtlich als ein gemeindliches Gefälle im Sinne der früheren
Gemeindegesetzgebung darstellt: siehe Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 12. Mai
1897 Bd. 18, 187 besonders 189.
1) Siehe hiezu v. Sicherer: Die gemeindliche Finanzgewalt S. 71f.
2) Vergl. Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 30. November 1883 Bd. 5, 53:
Die Bestimmung des § 8 des Freizügigkeitsgesetzes, wonach neu Anziehende den
Gemeindelasten nicht unterworfen sind, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde die
Dauer von drei Monaten nicht übersteigt, bezieht sich nur auf solche Gemeinde-
lasten, welche mit dem Anzuge in der Gemeinde zusammenhängen. Vergl. unten
§ 111 Anm. Ba.