Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

II. Abschn. § 110. Zuständigkeit und Verfahren 2c. 393 
Wird endlich in den Fällen des Art. 40 Abs. IV der Gem.= 
Ordn, die daselbst vorgesehene Genehmigung des kgl. Staatsministeriums 
versagt, kann selbstverständlich eine Beschwerde zum kgl. Verwaltungs- 
gerichtshof nicht erhoben werden 6), wohl aber ist nach Art. 10 Ziff. 2 
des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. eine Beschwerde zum kgl. Verw.-Ger.-Hof 
gegen die staatsaufsichtlichen Verfügungen einer kgl. Kreisregierung 
zulässig, wenn der Gemeinde durch eine solche die Erhebung einer ört- 
lichen Abgabe (angeblich mit Unrecht) verboten worden sein sollte.7) 
Endlich wird die verwaltungsrichterliche Zuständigkeit auch da- 
durch nicht alteriert, daß das Erträgnis der gemeindlichen Gefälle an 
einen Dritten verpachtet wurde und nun der Pächter gegen den Ver- 
pflichteten auftritts). 
welcher der Staatsgewalt die Bewilligung des Rechtes zur Erhebung und die 
Genehmigung der darüber aufgestellten Tarife, somit auch die Bestimmung der zu 
ihrer Entrichtung Verpflichteten oder davon Befreiten zustand, und es sind die- 
selben auch in Art. 40 der Gem.-Ordn. als örtliche Abgaben aufgeführt, welche 
nmur mit Genehmigung des Staatsministeriums eingeführt oder erhöht werden 
können. Diese Gemeindegefälle haben demnach unzweifelhaft ihre Grundlage im 
öffentlichen Rechte und ist bezüglich derselben die Zuständigkeit der Verwaltungs- 
behörden begründet, was auch in Art. 8 Ziff. 19 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. seinen 
Ausdruck gefunden hat. Der Umstand aber, daß die beanspruchte Freiheit von 
Entrichtung des Brücken= und Pflasterzolles aus einem in früheren Jahren mit 
der Gemeinde zustande gekommenen Vertrage abgeleitet wird, vermag nicht das 
bezüglich des erwähnten Zolles bestehende öffentliche Rechtsverhältuis in ein privat- 
rechtliches umzuwandeln und die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden aufzu- 
heben, da Verträge nicht nur im Privatrechte, sondern auch im öffentlichen Rechte 
als Rechtstitel vorkommen und die Zuständigkeit zur Entscheidung immer nach der 
inneren Natur des in Frage stehenden Rechtsverhältnisses, nicht nach der Form, 
worin es entstanden oder in die äußere Erscheinung getreten ist, sich zu bemessen hat. 
Siehe ferner die Entsch des Verw.-Ger.-Hofes in Bd. 1, 152, 224 u. 396; 
desgl. Erk. des Ob. Ger.-Hofes vom 6. Juni 1879 Bd. 7, 966: Ueber die Zahlungs- 
verbindlichkeit für Benutzung einer Schranne haben die Verwaltungsbehörden zu 
entscheiden. Die Gewährung von Zahlungsnachsicht ist für Entstehung eines civil- 
rechtlichen Titels nicht geeignet. 
6) Vergl. die Eingangsworte des Art. 10, ferner Art. 13 Abs. I Ziff. 3 
des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. 
*) Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 13. Februar 1885 Bd. 6, 59: Gegen- 
über der von der Staatsaufsichtsstelle gemäß Art. 153 Abs. III der Gem.-Ordn. 
an eine Gemeinde erlassenen Aufforderung, einen gemeindlichen Beschluß zurück- 
zunehmen, ist auf Grund des Art. 10 Ziff. 2 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. Be- 
schwerdeführung der beteiligten Gemeinde zum kgl. Verwaltungsgerichtshof dann 
zulässig, wenn jene Aufforderung nach vorgängiger Einvernahme der Gemeinde er- 
gangen ist und die definitive Verneinung einer von der Gemeinde zufolge ihres 
Selbstverwaltungsrechtes angesprochenen Befugnis bereits in sich schließt. 
„) Siehe § 102 Anm. 8, 10 u. 11, auch die vorstehende Anm. 5. 
Erk. des obersten Gerichtshofes vom 9. April 1873 Bd. 3, 260: Zur Ent- 
scheidung über Streitigkeiten in städtischen Gefällsangelegenheiten sind die Ver- 
waltungsbehörden berufen, wenn nicht zwischen den Beteiligten durch besondere 
Umstände ein Privatrechtsverhältnis festgestellt ist. *r*“- 
Erk. des Ob. Ger.-Hofes vom 4. Juli 1875 Bd. 5, 244: Die Anordnung 
der Erhebung von Abgaben nach Art. 40 der Gem.-Ordn. stellt sich als ein Akt 
der öffentlichen Gewalt dar, und die betreffenden Abgaben erscheinen als 
öffentliche. Die Entscheidung über die Frage, ob und in welchem Betrage
	        
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