478 8 119. II. Wirkungskreis des Magistrats. Art. 88.
IV. Der Voranschlag nebst den abgegebenen Erinnerungen 6 4) wird
den Gemeindebevollmächtigten mitgeteilt, ist von denselben zu prüfen
und noch vor Jahresschluß festzustellen.7)
V. Gibt der Voranschlag zu keiner Beanstandung 8) Anlaß, so
wird derselbe sofort genehmigt. Findet eine Meinungsverschiedenheit
statt und tritt der Magistrat nicht der Ansicht der Gemeindebevoll-
mächtigten bei, so ist eine gemeinschaftliche Sitzung beider Kollegien
zu veranstalten, in welcher auf Grund gemeinsamer Beratung die
Feststellung des Voranschlages durch Beschlußfassung der Gemeinde-
bevollmächtigten erfolgt. 9)
VI. Bisher 10) nicht bestandene Einnahmsquellen und bisher 10)
nicht bestandene Ausgaben, sowie Erhöhungen der in Antrag #l) ge-
5) d. h. Beanstandungen der einzelnen Etatspositionen entweder in Bezug
auf ihre Zweckmäßigkeit oder ihre gesetzliche Zulässigkeit. Siehe Anm. 6 a, ferner
vergl. Anm. 15.
") Werden diese Erinnerungen unberücksichtigt gelassen, so kann das
Aufsichtsrecht des Staates nach Art. 157 angerufen, eventuell je nach dem
gegebenen Falle Beschwerde nach Art. 163 der Gem.-Ordn. oder verwaltungsrecht-
liche Klage erhoben werden (soferne es sich um persönliche individuelle
Rechte bestimmter Einzelner handelt). Ueber die Zuständigkeit einerseits
der Staatsaufsichtsbehörden, andrerseits des Verw.-Ger.-Hofes in Fällen vorliegen-
der Art siehe die Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes in Bd. 12, 319 oben § 111 S.
402 Aum. 16 lit. b und die ausführlichen, interessanten Entscheidungsgründe zu
derselben, speziell ebenda S. 320 f.: Weder in dem Gesetze über den Ver-
waltungsgerichtshof noch in einem späteren Spezialgesetze ist eine Bestimmung ent-
halten, aus welcher die Zuständigkeit des Verw.-Ger.-Hofes abgeleitet werden könnte,
endgiltig über Differenzen zu entscheiden, die sich zwischen einem Umlagenpflich-
tigen einerseits und der betreffenden Gemeindebehörde andrerseits anläßlich der
Ausübung des gemeindepolitischen Rechtes der Erinnerungen zu gemeindlichen
Rechnungen und Voranschlägen ergeben 2c. Verwaltungsrechtlich kann der kgl.
Verw.-Ger.-Hof nicht darüber entscheiden, ob das Verfahren einer Gemeinde (bei
der Etatsfestsetzung) zu ändern oder ein Beschluß derselben aufzuheben sei oder
nicht, sondern nur darüber, ob auf Grund jenes Verfahrens oder einer bestimmten
Beschlußfassung der Gemeinde die individuelle Verpflichtung einer Person
zu einer bestimmten Leistung gegeben sei oder nicht 2c.
(a) Durch Nichtbeanstandung einer gesetzlich unzulässigen Etatsposition
(vergl. Art. 55 Abs. 1) wird dieselbe nicht rechtsgiltig. Vergl. auch Anm. 5 u. 15.
!) Das Hauptgewicht bei der Etatsaufstellung liegt demnach, soweit es sich
um die formelle Seite derselben handelt, in den Händen des Gemeindekolle-
giums; während der Armenetat vom Armenpflegschaftsrat sowohl entworfen als
definitiv festgestellt wird (siehe Anm. 3), ist dagegen der Gemeindeetat vom
Magistrate nur zu entwerfen, dagegen von den Gemeindebevollmächtig-
ten festzustellen.
Siehe jedoch Anm. 13, auch 14 bezüglich der sachlichen Seite dieser
Frage. Vergl. auch v. Kahr S. 784 ff.
*)) Siehe Anm. 5 und 6, auch 6 a.
') Siehe Anm. 7.
10) d. h. bis zur Vorlage des Etats nicht bestanden, weil vom Magistrate
in den Etat nicht aufgenommen, d. h. also alle in den Etatsentwurf vom Ma-
gistrat nicht eingesetzte Einnahmsquellen bezw. Ausgaben. Siehe hierüber die
lichtvollen Ausführungen bei v. Kahr S. 782 bis 789 (speziell S. 784 Abs. 1),
denen vollständig beizupflichten ist.
11) d. h. der vom Stadtmagistrat in den Etatsentwurf eingesetzten und da-
durch von ihm beantragten Einnahmen oder Ausgaben.