8 139. Die Staatsaufsicht. Art. 157. 555
II. Die vorgesetzten Verwaltungsbehörden haben zu diesem Be—
hufe das Recht der Kenntnisnahme von der Thätigkeit der Gemeinde—
behörden, insbesondere das Recht der Amts- und Kasse-Visitation.?)
III. Gesetzwidrige Beschlüsse sind, wenn die Zurücknahme der—
selben nicht binnen einer angemessenen Frist erfolgt, durch die zu—
ständige Behörde vorbehaltlich des Beschwerderechtes der Gemeinde
außer Wirksamkeit zu setzen.)
Anordnungen enthaltenen, so z. B. die der bereits mehrfach genannten Min.-Bek.
vom 10. und 12. Oktober 1869 2c. Speziell zu den Vorschriften über die Ge-
schäftsführung sind auch diejenigen zu rechnen, welche im einzelnen Falle die Be-
dingungen aussprechen oder die Formen bestimmen, unter welchen eine Beschluß-
fassung erfolgen muß, desgleichen diejenigen, welche das jeweils zuständige ge-
meindliche Organ bezeichnen, beispielsweise auch bestimmen, ob ein städtisches
Kollegium allein oder ob beide städtische Kollegien im einzelnen Falle zu be-
schließen haben, ob die Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde zu erholen ist 2c.
Vergl. unten Abs. IX. «
7)DieAmts-undKasfevisitationobliegtbezüglichderunmittelbaren
Städte den kgl. Kreisregierungen, Kammer des Innern, bezüglich aller übrigen
Gemeinden den kgl. Bezirksämtern. Nach Min.-E. vom 29. Mai 1870 und
28. Juni 1870 (Web. 8, 575 und 630) kann den Bezirksämtern zum Zwecke der
Vornahme der entsprechenden Visitation des Kasse= und Rechnungswesens einer
Gemeinde die benötigte Aushilfe in vorübergehender Weise aus dem Personal des
Regierungs-Rechnungskommissariates gewährt werden, und sind die Kosten hiefür
aus den Fonds der Bezirksämter für Geschäftsaushilfe zu bestreiten.
Was speziell die Prüfung der Rechnungen anbelangt, so siehe hiezu die
einschlägigen Bemerkungen zu Art. 89 und 136. Bei Prüfung speziell der Rech-
nungen unmittelbarer Städte hat sich die aufsichtliche Thätigkeit auf den Vollzug
des Art. 157 Abs. I Ziff. 1—4 zu beschränken, doch sind die Aufsichtsbehörden
auch bezüglich dieser Rechnungen im Hinblick auf Art. 157 Abs. II — wenn auch
nicht verpflichtet — so doch berechtigt zu einer rechnerischen Prüfung der
einzelnen Rechnungsposten.
Bezüglich der Rechnungsprüfungen nach Art. 157 Abs. I siehe Bl. für
admin. Pr. 22, 166 über die Prüfung der Voranschläge und Rechnungen nach
Art. 157 der Gem.-Ordn. Siehe auch Entsch. des Verw.Ger.-Hofes Bd. 3, 35
oben Anm. 2 lit. a.
") Der Absatz III setzt voraus, daß die betreffenden Beschlüsse formell
giltig (über formell ungiltige Beschlüsse siehe unten Anm. zu Abs. IX), dagegen
sachlich gesetzwidrig sind. Siehe hiezu Art. 160, ferner Entsch, des Verw.-Ger.=
Hofes:
a. Bd. 6, 83: Abs. III des Art. 157 findet nur bei Verletzung einer in
der Gemeindeordnung doder sonst im öffentlichen Rechte ent-
haltenen gesetzlichen Bestimmung durch die Gemeinde als öffentliche
Korporation, nicht aber dann Anwendung, wenn eine Gemeinde auf
dem Gebiete des Privatrechtes Handlungen vornimmt, durch welche die
Rechte Dritter benachteiligt werden. ,
b. Bd. 1, 129: Gesetzwidrige Beschlüsse der Gemeindebehörde können von
der zuständigen Staatsaufsichtsbehörde nicht aufgehoben und durch einen
staatsaufsichtlichen Beschluß ersetzt werden, ohne daß vorher die betr.
Gemeindebehörde zur Zurücknahme des gesetzwidrigen Beschlusses binnen
angemessener Frist aufgefordert wurde. Z
c. Bd. 9, 226: Aufforderungen der kgl. Kreisregierung haben im Bureau-
wege zu erfolgen.
d. Bd. 11, 518: Die Aufhebung nach Art. 157 Abs. III kann nie in
einer verwaltungsrichterlichen Entscheidung erfolgen, sondern ist als