Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

2 8 92. Geschichtliche Entwicklung der Gemeindeordnung ec. 
Wie wohl allenthalben, so sind auch in Bayern die Ortsver— 
bände älter als der Staat, sie wurden von letzterem vorgefunden, 
andrerseits aber auch organisiert, reformiert und mit ihrer gegen— 
wärtigen Verfassung versehen. Die Kreis- und Distriktsverbände da— 
gegen wurden erst vom Staate neu geschaffen. 
Was die geschichtliche Entwicklung der Gemeinde in Bayern im 
Laufe des 19. Jahrhunderts betrifft, so wird hiezu im kurzen folgendes 
bemerkt: 
Am Anfang des Jahrhunderts wollte man die Gemeinden voll— 
ständig unter die Leitung des Staates bringen. Von diesem Grund— 
satze waren auch die gemeindlichen Edikte von 18084) getragen. 
Dieselben konnten auch keinen Boden gewinnen, nicht einmal ganz 
zum Vollzuge gelangen. So kam man allmählich zur Ueberzeugung, 
daß nur durch vollständige Neuregelung der Gemeindegesetzgebung mit 
dem Grundfatze möglichst freier Selbstverwaltung ein haltbarer Zu- 
stand geschaffen werden könne; das Gemeinde-Edikt vom 17. Mai 
1818 5) führt nun eine unter damaligen Verhältnissen weitgehende 
Befreiung der Gemeinden herbei. Vervollständigt wurde dasselbe durch 
die Gemeindewahlordnung vom 5. August 1818 und durch das Gesetz 
vom 22. Juli 1819 5) über die Gemeindeumlagen. Allein die Ge- 
meinde-Kuratel wurde trotz alledem beibehalten und es waren noch 
dazu nicht einmal die Grenzen bestimmt, innerhalb deren sich diese 
Staatsaufsicht bewegen sollte. So wurde denn auch im Laufe der 
Jahre die genannte Kuratel als großes Hemmnis für die gemeindliche 
Entwicklung empfunden, zumal für die Auslegung resp. Ausdehnung 
sowohl des Begriffes derselben als ihrer Grenzen keine Schranke ge- 
zogen war. Im Landtage 1831 wurde infolge dessen auch eine große 
Zahl von Wünschen bezüglich einer Abänderung des Gemeinde-Ediktes 
laut und sind im Landtagsabschiede 1831 auch Zusagen auf Berück- 
sichtigung derselben seitens der kgl. Regierung gemacht worden. 
Diese Zusagen führten zum „revidierten Gemeinde-Edikte“ vom 
1. Juli 1834, amtlich publiziert mit Min.-E. vom 22. März 1835 
(Web. 1, 557 ff.). « 
Die hieher bezüglichen wesentlichsten Bestimmungen — welche 
übrigens zum größten Teile auf dem Edikte vom 17. Mai 1818 be— 
ruhen, sind, soweit sie auch für die Grundlagen unserer jetzigen Ge— 
meindeverfassung von Interesse sind, folgende: 
8 1. Jede Stadt, mit Einschluß ihrer Vorstädte und ihres 
ganzen Burgfriedens, jeder Markt oder Flecken und jedes Dorf, welches 
bisher schon eine für sich bestehende Körperschaft mit eigenem Gemeinde- 
1) Organisches Edikt über die Bildung der Gemeinden vom 28. Juli 1808 
(Web. 1, 195) und Edikt über das Gemeindewesen vom 24. September 1808 
(Web. ebenda). " · 
«)SieheWeb.1,555ff.(Gemeinde-Ediktvom·17.Mak1818);2,9fs. 
(Umlagengesetz). Vergl. Seyd. 2, 1 ff.; ferner v. Pölnitz „das Selbstverwaltungs- 
recht der Gemeinden“ S. 28 ff.
	        
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