Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

§ 94 a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 1. 67 
Korporation an einem in ihrem Bezirke gelegenen Grundstücke das Eigen- 
tumsrecht gegen einen Prätendenten desselben Rechtes geltend machen, so be- 
darf sie zur Begründung ihres Anspruches, wie jedes andere Subjekt von Privat- 
rechten eines privatrechtlichen Titels und über den Rechtsbestand dieses Titels 
steht die Entscheidung den Gerichten und nicht den Verwaltungsbehörden zu. 
Vergl. hiezu oberstrichterl. Erk. vom 25. Juni 1872 (Reg.-Bl. 1550), 
„ „ „ 27. Dez. 1872 (Reg.-Bl. 1873 S. 63), 
» „ „ 23. April 1873 (Reg.-Bl. 913). 
Die Verwaltungsbehörden haben nur zu bestimmen, welche Wege dem all- 
gemeinen Gebrauche zu dienen haben, und zu veranlassen, daß dieselben von der 
Gemeinde als öffentliche Wege hergestellt und imstand erhalten werden, sie haben 
aber nicht die Streitigkeiten zu entscheiden, welche sich dadurch ergeben, daß die 
Gemeinde an der Grundfläche, welche als öffentlicher Weg benützt werden soll, 
das Eigentumsrecht — aus welchem privatrechtlichen Titel immer — gegen- 
über einem Prätendenten desselben Rechtes in Anspruch nimmt. 
Vergl. hiezu auch Bl. für admin. Pr. Bd. 20, 341 ff., ferner 29, 96 und 
248 ff.: Gerichtliche Zuständigkeit für eine Klage wegen widerrechtlichen Eingriffes 
in das Eigentum des Klägers durch eine Gemeinde bei Herstellung einer Straße 
oder eines öffentlichen Weges; ferner unten Anm. 5d lit. k. 
5) Bezüglich der aus der Handlungs= und Rechtsfähigkeit der Gemeinden 
entspringenden civilrechtlichen Haftung derselben s. die in vorstehender Anm. 3 
angeführte Entsch des Verw.-Ger.-Hofes vom 13. März 1885 Bd. 6, 86, welche 
außer dem in Anm. 3 Angeführten sich noch weiter folgendermaßen ausspricht: Wenn 
eine Gemeinde aupgerhalb der Gemeindeordnung oder einer sonstigen öffent- 
lich-rechtlichen Gesetzesbestimmung, also z. B. im Bereiche des Privatrechtes Hand- 
lungen vornimmt, durch welche die Rechte Dritter benachteiligt werden, so ist die 
Abhilfe gegen solche Eingriffe nicht durch die Bestimmungen über die Staats- 
anssicht, sondern durch die allgemeinen gesetzlichen Rechtsmittel gegen Verletzung 
von Privatrechten, nnter Umständen sogar, soweit die Organe der Gemeinde in 
Frage stehen, mittels Anrufung des Strafrichters gegeben. 
Der Art. 157 Abs. 3 der Gem.-Ordn., welcher das staatsaufsichtliche Vor- 
gehen gegen gesetzwidrige Beschlüsse der Gemeinden behandelt, findet daher nur 
bei Verletzung einer in der öffentlichen Gemeindeordnung oder sonst im öffent- 
lichen Rechte enthaltenen gesetzlichen Bestimmung durch die Gemeinde als öffent- 
liche Korporation Anwendung, nicht aber dann, wenn eine Gemeinde auf dem 
Gebiete des Privatrechtes (durch ihre Vertreter) Handlungen vornimmt, durch welche 
die Rechte Dritter verletzt werden. 
Oberstrichterliches Urteil vom 5. Dezember 1891 Samml. 13, 602: 
Die von Vertretern einer juristischen Person — Gemeinde — innerhalb 
ihrer Zuständigkeit bethätigten Handlungen oder Unterlassungen sind als eigene 
Handlungen jener juristischen Person — Gemeinde — zu betrachten und von 
dieser in vermögensrechtlicher Hinsicht zu vertreten.“) 
Eine Gemeinde, die es unterläßt, auf ihren öffentlichen Wegen die nötigen 
Anstalten zu treffen, um die aus der Beschaffenheit dieser Wege drohenden, er- 
kennbaren Gefahren zu beseitigen, haftet für den Ersatz des Schadens, den die 
diese Wege Benützenden infolge dieser Unterlassung erleiden.““) 
ön) Das staatliche Aufsichtsrecht bezüglich der Einhaltung der durch die 
Gemeindeordnung oder eine sonstige Bestimmung des öffentlichen Rechtes den Ge- 
*) Siehe hiezu Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 1. Februar 1881 Bd. 2, 556: Eine von 
dem Bürgermeister einer Gemeinde namens derselben bei einer kontradiktorischen Verhandlung ab- 
gegebene Erklärung ist gegenüber der Gegenpartei auch dann rechtswirksam, wenn der Bürgermeister 
gegen den Sinn der von ihm vertretenen Gemeinde gehandelt hat. Der letztere Umstand kann nur 
eine Haftungsverbindlichkeit des Bürgermeisters gegenüber der Gemeinde begründen. Vergl. auch 
Bl. für admin. Pr. Bd. 20, 297 ff.; 22, 248 und 23, 17. Z 
*#) Siehe hiezu die Abhandlung in der bayer. Gemeindezeitung unter Anm. 5 üt. f, auch 
Reger, Entsch. Bd. 13, 310: Strafbarkeit des Bürgermeisters als Vorstand der verpflichteten Orts- 
polizeibehörde. 
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