Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band II. Das rechtsrheinischen Gemeinden und die Gemeindeverbände (Gemeindeordnung, Distrikts- und Landratsgesetz). (2)

8 94a. Gesetzestext zu Art. 1 bis 9 der Gemeindeordnung. Art. 2. 71 
  
Die gegenwärtige Gemeindebildung stützt sich bis 1818 auf das organische 
Edikt über die Bildung der Gemeinden vom 28. Juli 1808 (Web. 1, 195) und 
das Gemeindeedikt vom 24. September 1808 (S. oben S. 34 f.). Als Be- 
weisbehelf für die Gemeindebildung kann ferner dienen die Instruktion zur Bildung 
der Stenerdistrikte, eine Beilage zur Verordn. vom 13. Mai 1808 (Web. 1, 196 
f.) s. oben § 94 S. 40 f. Doch hat sich die Gemeindebildung nur zum geringsten 
Teile auf Grund der vorstehend genannten Bestimmungen vollzogen. Diese Bildung 
ergab sich vielmehr vorzugsweise erst mit dem Erlaß des Gemeindeediktes vom 
17. Mai 1818 und zwar im Vollzuge der §§ 1 bis 6 desselben. Weil nun bei 
den Entscheidungen über Gemeindebildungen bezw. über Fragen der Zugehörigkeit 
eines Komplexes, Grundstückes oder Bezirkes zu einer Gemeinde vielfach auf diese 
Bestimmungen zurückgegriffen werden muß — (nachdem ja die Gem.-Ordn. von 
1869 laut Art. 2 an den gemäß früherer Bildung entstandenen und nun be- 
stehenden Gemeinden und Gemeindebezirken nichts ändern will) —, so erscheint 
es geboten, nachstehend den Wortlaut dieser §§ des Gem.-Edikts von 1818 bezw. 
vom 1. Juli 1834 für den Gebrauch in der Praxis hier abzudrucken: 
§ 1. Abgedruckt oben § 92 S. 2. 
8 2. Ein jedes Patrimonialgericht soll für sich eine oder mehrere Gemeinden 
ausmachen, in der Voraussetzung, daß dasselbe geschlossen und zusammenhängend 
ist (an Stelle der Patrimonialgerichtsbezirke sind später die Landgerichts-, jetzt die 
Bezirksamtssprengel getreten). 
§ 3. Mehrere nahe gelegene kleinere Orte, nämlich: 
a. Dörfer, die kein eigenes Gemeindevermögen und keine eigenen Ge- 
meinde-Rechte besitzen, 
b. bloße Weiler, 
c. einzelne Höfe, Mühlen und Häuser sollen entweder in einer eigenen 
Gemeinde vereiniget oder einer ihnen zunächst gelegenen Gemeinde, 
wohin sie vielleicht schon nach dem Pfarr= oder Schulsprengel ge- 
hören, einverleibt werden. 
Diese Einverleibung setzt die beiderseitige Einwilligung des Eigentümers 
und der Gemeinde voraus. 
In Ermangelung dieser Einwilligung beschränkt sich diese Einverleibung 
blos auf die polizeiliche Verwaltung der Gemeinden, ohne Ausdehnung auf die 
privatrechtlichen Verhältnisse. (Hiczu s. die unten Anm. 9 Nr. I abgedruckten 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes.) Eine neuerliche derartige Zuteilung blos 
aus polizeilichen Gründen ist nach der Gem.-Ordn. von 1869 nicht mehr zulässig.) 
§ 4. Alle zerstreut liegende einzelne Wälder, Feld-Güter, Gärten, Wein- 
berge oder Plätze, Secen und Teiche, sie mögen dem Staate, einer Korporation 
oder Privateigentümern angehören, müssen, insoferne sie nicht schon zu dem Be- 
zirke einer bestimmten Gemeinde geschlagen sind, mit Rücksicht auf den Steuer- 
verband und ihre natürliche Lage und sonstigen Verhältnisse, einer solchen zuge- 
teilt und mit ihr verbunden werden. — Größere außer den bisherigen Orts- 
markungen liegende Waldungen, Seen und Freigebirge sind von obiger Zuteilung 
ausgenommen unb bleiben in ihren bisherigen Verhältnissen. (Vergl. hiezu Art. 3 
Abs. I der Gem.-Ordn. von 1869.) 
*) Siehe hiezu auch die Bemerkung in v. Kahr's Commentar am Schlusse des Art. 2 
S. 73 f. „Dabei (d. h. bei Beurteilung der Frage, ob im einzelnen Falle eine Vereinigung lediglich 
in Ansehung der polizeilichen Verwaltung oder auch bezüglich der privatrechtlichen Verhältnisse er- 
folgt ist) ist einerseits davon auszugehen, daß die Ausdehnung der Vereinigung auf die privat- 
rechtlichen Verhältnisse gemäß § 3 Abs. 2 des Gem.-Ed. durch die beiderseitige Einwilligung der 
Beteiligten und zwar, wie der Verw.-Ger.-Hof (Bd. 12, 368 f.) wohl mit Recht angenommen hat, 
durch die ausdrückliche Einwilligung bedingt war und daß daher letztere nicht vermutet 
werden darf. Andrerseits wird aber aus dem Umstunde, daß etwa im einzelnen Falle ein akten- 
mäßiger Nachweis hierüber nicht zu erbringen ist, nicht ohne Weiteres und schlechthin gefolgert 
werden dürfen, daß eine Vereinbarung nicht stattgefunden hat. Vielmehr wird es unter Umständen 
berechtigt sein, auch aus späteren Verhältnissen, namentlich aus der thatsächlichen Verwendung der 
Trträgnisse des Gemeindevermögens zum Nutzen der Gesamtgemeinde, auf eine im Sinne des 3 
Abs. 2 des Gem.-Ed. erfolgte Vereinbarung zurückzuschließen."
	        
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